Heidelberger Geschichtsverein e.V. HGV

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Die Pfälzer Wittelsbacher und ihre Angehörigen

NB.: Die dynastische Bezeichnung „Wittelsbacher“ ist ein Produkt des 18. Jahrhunderts. Bis dahin benutzte man Begriffe wie „Pfalzgrafen bei Rhein“ oder „Haus Pfalz“ bzw. „Haus Bayern“ oder „Herzöge von Bayern“.

Das Herrschergeschlecht der Wittelsbacher heißt nach der Burg Wittelsbach in Oberwittelsbach, heute einem Stadtteil von Aichach im Landkreis Aichach-Friedberg, im heutigen Bayerisch-Schwaben. Sie wurde bereits um 1000 urkundlich erwähnt. Im Jahre 1119 zog Graf Otto V. von Scheyern von der Burg Scheyern in die Burg Wittelsbach. Der Burgname "Witilinesbac" erscheint jedoch bereits 1115 in einer Urkunde König Heinrichs V. als Herkunftsort des Grafen Otto IV. Seit 1120 nannten sich die Grafen von Scheyern Pfalzgrafen von Wittelsbach. Daher gilt die Burg als Stammsitz der Wittelsbacher. 1209 wurde die Burg von Herzog Ludwig I. zerstört und nicht wieder aufgebaut. An der Stelle der Burg wurde eine Kirche errichtet, aus der sich die Ortschaft Oberwittelsbach entwickelte, die bis 1978 selbständig war.

Die genaue Herkunft der Wittelsbacher ist ungeklärt. Sie leiten ihren Ursprung vom Markgrafen Luitpold ab, der 907 gegen die Magyaren fiel. Sein Sohn Arnulf der Böse wurde 919 zum deutschen (Gegen-)König gewählt, unterwarf sich aber Heinrich von Sachsen und begnügte sich mit dem Herzogtum Bayern.

Nach Arnulfs Tod 937 verlieh Kaiser Otto der Große das Herzogtum Bayern an dessen Onkel Berthold. Otto I. verheiratete auch seinen Bruder Heinrich mit Arnulfs Tochter Judith, so daß Heinrich nach Bertholds Tod Herzog in Bayern wurde.

Arnulfs ältester Sohn, Eberhard, wurde 938 vom Herzogtum Bayern ausgeschlossen. Der jüngere Sohn, Arnulf II., wurde Pfalzgraf in Bayern. Er erbaute 940 die Burg Scheyern (Oberbayern), nach der sich seine Nachkommen benannten.

Die Grafen von Scheyern verlegten 1119 ihren Sitz von Scheyern nach Burg Wittelsbach. Als Bundesgenossen der Staufer gewannen die Wittelsbacher unter Otto VI. Bayern zurück. Kaiser Friedrich I. belehnte am 16. September 1180 auf dem Hoftag zu Altenburg/Thüringen Pfalzgraf Otto I. von Scheyern-Wittelsbach (1117-1183) mit dem Herzogtum Bayern. Die Wittelsbacher bauten das Herzogtum in der Folgezeit zu einem der größten deutschen Territorialstaaten aus.

1204 heiratete Ludwig I. von Wittelsbach („der Kelheimer“), Herzog von Bayern, (1174-1231), Ludmilla von Bogen-Windberg, Tochter des Herzogs Friedrich von Böhmen und der Helena von Ungarn (1170-1240), Witwe des Grafen Albert III. von Bogen. 1242 erlosch das Geschlecht der Grafen von Bogen, ihre Besitzungen fielen an die Herzöge von Bayern, ebenso ihr Wappen mit den weiß-blauen Rauten. Ludwig I. von Wittelsbach wurde 1214 mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein belehnt. Sein Sohn Otto II. wurde als Sechsjähriger mit Agnes von Staufen, der Erbin der Pfalz, verlobt. Dadurch kam der goldene Pfälzer Löwe auf schwarzen Grund als Wappentier an Bayern.

Der Onkel Ottos II., Pfalzgraf Otto VIII. von Wittelsbach, wurde wegen der Ermordung Philipps von Schwaben 1208 geächtet und 1209 erschlagen, die Stammburg Wittelsbach von Herzog Ludwig I. selbst zerstört.

1255 wurde der wittelsbachische Besitz geteilt, doch blieb die Kurwürde gemeinschaftlich (erste bayerische Landesteilung). Bayern wird durch die beiden Herzöge Ludwig II. („der Strenge", 1229-1294) und Heinrich XIII. (1235-1290), Söhne Otto des Erlauchten, in zwei Herzogtümer geteilt: Heinrich XIII. erhält den östlichen Teil (Niederbayern) mit der Residenzstadt Landshut (von der Further Senke bis zum Wolfgangsee). Ludwig II. erhält den westlichen Teil (Oberbayern) mit der Residenzstadt München (vom heutigen Oberbayern über Ingolstadt bis in den Nordgau) und die Pfalz bei Rhein. Bayern insgesamt bleibt als Reichslehen bestehen. Ludwig der Strenge herrschte bis 1294 als letzter Wittelsbacher sowohl über die Pfalz als auch über Bayern und gilt als gemeinsamer Stammvater beider Linien.

Erster Pfalzgraf der wieder selbständigen Pfalz wurde Rudolf I. 1317(?) verzichtet er zu Gunsten seines Bruders Kaiser Ludwig IV.

1329 erfolgte im Hausvertrag von Pavia die abermalige Teilung der Wittelsbacher Länder unter die Linien Pfalz und Bayern. Die Pfalz (mit Oberpfalz) wurde von Bayern getrennt. Die Kurwürde sollte zwischen beiden Ländern wechseln (seit 1354 obsolet). Kaiser Ludwig der Bayer übertrug den Söhnen seines Bruders Rudolf einen großen Teil der Oberpfalz (Nordgau) und die Pfalz bei Rhein mit Heidelberg als Hauptstadt. Bis 1353 sind Rudolf II. (“der Blinde”) und Ruprecht I. gemeinsam regierende Pfalzgrafen.

1346 erwirbt König Ludwig IV. der Bayer die Grafschaften Holland, Seeland und Hennegau für das wittelsbachische Haus. 1385 wird die Grafschaft Zweibrücken an die kurpfälzische Linie des Hauses Wittelsbach verkauft.

Durch die sog. goldene Bulle von Kaiser Karl IV. erhalten die Pfalzgrafen bei Rhein 1356 die Kurwürde. Kurfürst Ruprecht I. gründete 1386 in Heidelberg die dritte deutsche Universität. Ruprecht III. von der Pfalz wurde von den rheinischen Kurfürsten zum römischen König (1400-1410) gewählt, aber nur in einem Teil des Reiches anerkannt.

Nach seinem Tod teilte sich die pfälzische Linie in die vier Linien Kurpfalz (Heidelberg), Oberpfalz (erloschen 1443?), Simmern-Zweibrücken sowie Mosbach (erloschen 1499). Die Linie Oberpfalz stellte mit Christoph III. 1440-1448 den König von Dänemark, Schweden und Norwegen. Mit der Primogenitur-Ordnung von 1506 wurde die künftige Unteilbarkeit des bayerischen Herzogtums und die Erbfolge in männlichert Linie festgeschrieben.

1444 spaltete sich die Linie Simmern-Zweibrücken in die Linie Simmern-Sponheim und Zweibrücken-Veldenz auf. Im selben Jahr stiftete Herzog Gerhard V. von Jülich und Berg nach dem Sieg über den geldrischen Herzog Arnold von Egmond bei Linnich (bei Heinsberg) am Hubertustag den Sankt-Hubertus-Ritterorden (1708 von Kurfürst Johann Wilhelm erneuert, 1808 von König Max Joseph von Bayern bestätigt; höchster Orden des pfälzischen Hauses).

1505 wurde durch den Kölner Spruch das Herzogtum Pfalz-Neuburg ("Junge Pfalz") aus dem bayerischen Gebiet nördlich der Donau für die beiden Söhne Otto Heinrich und Philipp gegründet. Da diese noch minderjährig sind, wird als vormundschaftlicher Regent zunächst ihr Großvater Kurfürst Philipp eingesetzt, ab 1508 Pfalzgraf Friedrich II.

Die Heidelberger Linie der Wittelsbacher starb 1559 mit Kurfürst Otto Heinrich aus. 1559-1576 regierte Kurfürst Friedrich III. ("der Fromme", aus der reformierten Linie Pfalz-Simmern). Die Linie Pfalz-Simmern erlosch 1685 mit Karl Ludwig. Nun folgte die Linie Pfalz-Neuburg, die sich 1569 von der Linie Zweibrücken losgelöst und 1614 Jülich und Berg erworben hatte. Dieser folgte die seit 1614 selbständige Linie Pfalz-Sulzbach. Die Linie Zweibrücken-Kleeburg hatte 1654-1719 den schwedischen Thron inne.

Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz wurde 1619 im Aufstand der protestantischen böhmischen Stände gegen die Habsburger zum König von Böhmen gewählt. Nach der verlorenen Schlacht am Weißen Berg floh er nach Holland. Die pfälzische Kur wurde 1623 an Bayern (Herzog Maximilian I. von Bayern) übertragen. 1648 wurden zwei neue Kuren geschaffen, wovon eine die Pfalz erhielt.

Die Münchener Hausunion von 1724 zwischen bayerischen und pfälzischen Wittelsbachern (Absprache zwischen Kurfürst Carl Philipp von der Pfalz und Kurfürst Max Emanuel von Bayern) sicherte die gegenseitige Beerbung ihrer Länder.

Eine Nebenlinie Pfalz-Birkenfeld-Gelnhausen wurde 1799 in Herzöge in Bayern umbenannt, ihr entstammt Elisabeth I., Kaiserin von Österreich. 1832-1862 stellten die Wittelsbacher den König von Griechenland (Otto I.).

Als am 30. Dezember 1777 der bayerische Kurfürst Maximilian III. Joseph starb, erlosch die bayerische Linie der Wittelsbacher. Ihr folgte die Linie Pfalz-Sulzbach mit Kurfürst Karl Theodor, so daß die bayerischen Lande mit Kurpfalz, Jülich und Berg vereinigt wurden. Nach dem Tod Karl Theodors 1799 erlangten die Herzöge von Zweibrücken (Maximilian IV. Joseph) die Kurwürde. 1806 wurde Maximilian König von Bayern und begründete die Königslinie, die bis 1918 herrschte. Am 7./8. November 1918 floh der bayerische König Ludwig III. aus München. Am 13. November 1918 entband der König alle bayerischen Beamten und Soldaten von ihrem Treueeid. Damit stürzte die Dynastie. Die Wittelsbacher emigrierten ins europäische Ausland. Heutiger Chef des Hauses Wittelsbach und gleichzeitig des Hauses Stuart ist Herzog Franz von Bayern. Zur Verwaltung des Vermögens wurde 1923 der Wittelsbacher Ausgleichsfonds geschaffen.

Die Farbe der Wittelsbacher ist blau. 1242 übernahmen sie die weiß-blauen Rauten der Grafen von Bogen. Der goldene Pfälzer Löwe auf schwarzen Grund kam als Wappentier an Bayern, nachdem Otto II. als Sechsjähriger mit Agnes von Staufen, der Erbin der Pfalz, verlobt worden war.

Vermutlich im sog. Königssaal des Frauenzimmerbaus des Heidelberger Schlosses befanden sich gereimte Inschriften, wahrscheinlich Bildunterschriften zu einem (verschollenen) Gemäldezyklus, der die Fürstenreihe der Wittelsbacher von Otto I. bis zu Friedrich I. umfaßte, später ergänzt um Ottheinrich und Susanna. (Wortlaut abgedruckt bei Renate Neumüllers-Klauser (Bearb.), Die Inschriften der Stadt und des Landkreises Heidelberg. (Die deutschen Inschriften, 12. Heidelberger Reihe, 4) Stuttgart 1970, Nr. 169)

Wahrzeichen der Wittelsbacher Pfalzgrafen ist die Rose als Symbol ihrer Patronin, der Rosenkönigin Maria (vgl. Karl Christ, Alt-Heidelberger Wirtschaften. 1925, S. 15)

Literatur

Interne Links:

Adolf von der Pfalz (der Redliche)

Anna, Landgräfin von Hessen

Anna Maria Luisa de’ Medici

Auguste Wilhelmine Marie von Hessen-Darmstadt (1765-1796)

Brigitta von Pfalz-Simmern

Carl II. August, Herzog von Pfalz-Zweibrücken

Christian IV. von Pfalz-Zweibrücken

Elisabeth II., Pfalzgräfin bei Rhein und Prinzessin von Böhmen (Abbess Elizabeth of Hervorden)

Marie Elisabeth Auguste von Pfalz-Sulzbach (1721-1794)

Elisabeth von Namur

Elisabeth Charlotte von der Pfalz (Liselotte), Herzogin von Orléans (auch: Charlotte Elizabeth de Bavière)

Elisabeth von Österreich

Franz Ludwig, Pfalzgraf von Neuburg (1664-1732)

Friedrich I., Kurfürst von der Pfalz "der Siegreiche" ("Pfälzer Fritz")

Friedrich II., Kurfürst von der Pfalz ("der Weise") ("Frédéric le Sage")

Friedrich III., Kurfürst von der Pfalz (Pfalz-Simmern) ("der Fromme")

Friedrich IV., Kurfürst von der Pfalz

Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz ("Winterkönig")

Friedrich Michael von Pfalz-Zweibrücken, Pfalzgraf

Johann II., Herzog von Zweibrücken, Administrator der Kurpfalz

Johann Casimir, Pfalzgraf und Herzog von der Pfalz

Johann Wilhelm, Kurfürst von der Pfalz (Pfalz-Neuburg) ("Jan Wellem")

Joseph Karl von Pfalz-Sulzbach

Karl II., Kurfürst von der Pfalz (-Simmern)

Karl I. Ludwig (Charles Louis, Elector Palatine)

Karl Theodor, Kurfürst von Bayern (1777-1799) (Carl Theodor von Pfalz-Sulzbach)

Katharina, Pfalzgräfin a>

Klara Dett

Louise Juliana von Oranien-Nassau

Ludwig IV. der Bayer

Ludwig I., König von Bayern (1786-1868)

Ludwig I., der Kelheimer, Herzog von Bayern

Ludwig II., "der Strenge", Pfalzgraf, Herzog von Bayern, Kurfürst von der Pfalz

Ludwig III. („der Bärtige“), Kurfürst von der Pfalz

Ludwig IV. ("der Sanftmütige"), Kurfürst von der Pfalz

Ludwig V., Kurfürst von der Pfalz

Ludwig VI., Kurfürst von der Pfalz

Margarethe von Landshut-Bayern

Marie Sophie Elizabeth von der Pfalz

Maria von Brabant (1226-1256)

Maximilian IV. Joseph von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld (Herzog Max Joseph von Zweibrücken, "Prinz Max")

Mechthild von der Pfalz

Mechthild von Savoyen

Otto von Wittelsbach

Otto der Erlauchte ("illustris")

Otto Heinrich (Ottheinrich), Kurfürst von der Pfalz

Philipp, Kurfürst von der Pfalz (der Aufrichtige)

Philipp der Streitbare

Philipp Wilhelm, Kurfürst von der Pfalz (Pfalz-Neuburg)

Rudolf I. der Stammler

Rudolf II. der Blinde

Rupert of Cumberland (1619-1682)

Ruprecht I., Kurfürst von der Pfalz ("der Rote"), Pfalzgraf bei Rhein)

Ruprecht II., Kurfürst von der Pfalz ("Clem")

Ruprecht III., Kurfürst von der Pfalz ("Clem")

Sophie von Hannover, Prinzessin von der Pfalz

Stefan von der Pfalz, Pfalzgraf

Susanna von Bayern

Marie Valerie von Habsburg

Wilhelmine Ernestine von Dänemark

Wolfgang, Pfalzgraf und Herzog von Pfalz-Zweibrücken (1532)

Wolfgang von Pfalz-Neumarkt (1494-1558)