Heidelberger Geschichtsverein e.V. HGV

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Friedrich III., Kurfürst von der Pfalz (Herzog von Pfalz-Simmern) ("der Fromme")

*14. Februar 1515 Simmern/Hunsrück

28?. Oktober 1576 Heidelberg (begraben im Königschor der Heiliggeistkirche in Heidelberg)

Vater: Pfalzgraf und Herzog Johann II. von Pfalz-Simmern (1492-1557)

Mutter: Beatrix, Tochter des Markgrafen Christoph I. von Baden (1492-1535)

Schwester: Brigitta von Pfalz-Simmern, Äbtissin von Kloster Neuburg (1516-1562)

reg. 1559-1576

Wahlspruch: "Herr, nach Deinem Willen"

(sein Namenszusatz „der Fromme“ wurde ihm von servilen Historiographen zugeschrieben)



katholisch erzogen, hat "eine gewisse Neigung (...) zu der calvinistischen Richtung" (Kuhn, Weinhardt 2022)

Ehefrau: 1. Maria von Brandenburg-Kulmbach (∞1537,†31. Oktober 1567, begraben in der Heiliggeistkirche)

2. Amalie Gräfin von Neuenahr (um 1540-1602, begraben in der Heiliggeistkirche)



Aufenthalte in Nancy, Paris, Lüttich, Brüssel

1537: Kurfürst Friedrich III. heiratet in Kreuznach Maria von Brandenburg-Kulmbach (1519-1567). Wendet sich der lutherischen Lehre zu.

1556: Ottheinrich setzt Friedrich zu seinem Stellvertreter in der Oberpfalz ein

1557: Tod des Vaters. Friedrich wird Herzog von Simmern

1558: Auflösung der Zisterzienserabtei Schönau

1558(-1580): Kurfürst Ottheinrich beruft Thomas Erastus (1524-1583) als Leibarzt und Professor der Medizin an die Universität Heidelberg

1559: Tod Ottheinrichs. Pfalzgraf Friedrich (44) wird Kurfürst von der Pfalz. Heidelberg und die Universität werden zu einem der politischen Zentren des calvinisch geprägten Protestantismus. Kurfürst Friedrich III. ruft zum Bildersturm in katholischen Kirchen auf. Er entläßt die Hofmusiker, schafft die Kirchenmusik ab und verbietet den Untertanen Festlichkeiten.

1559: Kurfürst Friedrich III. beruft Christoph Prob (Probus), Doktor beider Rechte, 1548 kurpfälzischer Kanzler, wieder zum Kanzler

1559: Kurfürst Friedrich III. macht Thomas Erastus zum Rat und Mitglied des Konsistoriums

Juni 1560: Heidelberger Disputation über das Abendmahl

1560: Kurfürst Friedrich III. löst alle Klöster auf, das Kirchenvermögen wird eingezogen. Für das Zisterzienserkloster Schönau wird ein Pfleger bestellt. Die von ihm geleitete Verwaltungsstelle erhält den Namen Pflege Schönau. Die Liegenschaften des Kloster Lobenfeld, wie auch die ehemals Ellwangische Probstei Wiesenbach, verwaltet ein Schaffner für die Geistliche Güteradministration in Heidelberg

1561: 62 calvinistische Familien, meist Flamen aus dem südwestlichen Flandern, verlassen Frankfurt am Main und ziehen unter Führung ihres Predigers Petrus Dathenus nach Frankenthal, wo Kurfürst Friedrich III. ihnen das säkularisierte Augustinerchorherrenstift Groß-Frankenthal als Unterkunft anweist

1562: Ansiedlung wallonischer (reformierter) Glaubensflüchtlinge (Tuchmacher, Schönfärber) aus den spanischen Niederlanden in den leerstehenden Klostergebäuden in Schönau im Steinachtal. Dieser Ansiedlung werden am 25. Juni 1562 Stadtrechte verliehen.

1562: das Kloster Neuburg wird nach dem Tod der Äbtissin Brigitta (*1516) aufgelöst

1563: Johann Weyer (1515/16–1588), De Praestigiis Daemonum erscheint in Basel gegen die Hexenverfolgungen. Unmittelbar nach dem Erscheinen des Buches lehnt Kurfürst Friedrich III. die weitere Tortur und Anwendung der Todesstrafe für angebliche Hexen ab. Christoph Prob († 1579), sein Kanzler, verteidigt Weyers Auffassung noch im selben Jahr auf dem Rheinischen Kurfürstentag in Bingen.

1563: Der Heidelberger Katechismus entsteht im Auftrag des Kurfürsten Friedrich III. Er beauftragt den Universitätsprofessor Zacharias Ursinus und den Hofprediger Caspar Olevianus mit der Ausarbeitung eines Lehrbuches, mit dem das Volk in der christlichen Lehre unterrichtet werden sollte.

9. Mai 1565: Kurfürst Friedrich III. löst das Kanonikatsstift St. Cyriacus in Neuhausen bei Worms, begleitet von 70 Reitern, persönlich unter Gewaltanwendung auf. Hierbei läßt er u.a. von dem Theologen Caspar Olevianus den Tabernakel aufbrechen und zerbröselt selbst die vorgefundenen konsekrierten Hostien mit den Händen. ("Hostienwunder"). Die sich widersetzenden Stiftsherren kommen 5 Wochen lang in Haft; Bilder, Statuen, Altäre und Paramente werden am Cyriakusbrunnen verbrannt. - Plünderung und Zerstörung der Bildnisse in der St.-Gallus-Kirche in Ladenburg (Kurpfälzer Bildersturm)

2. April 1566: Kurfürst Friedrich III. erscheint auf dem Reichstag zu Augsburg. Er bekennt sich zur reformierten Konfession schweizer Prägung.

1566: Feldzug gegen die Türken in Ungarn unter Herzog Reichard von Pfalz-Simmern, jüngerem Bruder von Kurfürst Friedrich III., 1560-1571 Administrator des Stiftes Waldsassen (Oberpfalz)

31. Oktober 1567: Maria von Brandenburg-Kulmbach stirbt und wird in der Heiliggeistkirche begraben

5. Juni 1568: Egmont Graf von Lamoral, Statthalter von Flandern und Artois, wird in Brüssel hingerichtet

8./9. April 1569 (Nacht zum Karfreitag): Brand im Heidelberger Schloß (Bibliotheksbau?), der auf den Turm, in dem die kurfürstliche Kanzlei untergebracht ist, übergreift. Brandursache: Einschmelzen von Silber.

25. April 1569: Kurfürst Friedrich III. heiratet in zweiter Ehe in Heidelberg Amalie Gräfin von Neuenahr (1540–1602), Witwe des niederländischen Grafen Heinrich von Brederode, Tochter des Grafen Gumprecht von Neuenar zu Limburg (calvinistisch). Kirchliche Trauung durch Hofprediger Peter Dathenus (1531-1588). Die Ehe bleibt kinderlos.

4. Juni 1570: Pfalzgraf Johann Kasimir heiratet in Heidelberg während des Speyerer Reichstages Elisabeth von Sachsen, Tochter von Kurfürst August von Sachsen aus dem Haus der Wettiner (*18. Oktober 1552 in Wolkenstein; 2. April 1590 Heidelberg; lutherisch)

13. Juli 1570: kurfürstliches Edikt zur Einrichtung der Kirchendisziplin in der Pfalz (calvinistische Kirchenordnung, am 21. November offiziell verkündet. Dem Kirchenrat wird das Recht der Exkommunikation zugesprochen. Auch die Professoren des Heidelberger Generalstudiums fallen in religiösen Belangen unter die Kompetenz des Kirchenrats)

25. Oktober 1570: der Pfarrer Adam Neuser wird wegen Ketzerei im Seltenleer auf Schloß Heidelberg eingekerkert

1. April 1572: Kurfürst Friedrich III. unterschreibt das Todesurteil gegen Sylvanus ohne Beteiligung eines Gerichts

23. Dezember 1572: Enthauptung des Ladenburger Superintendenten und "Haupt der Antitrinitariergruppe" Johannes Sylvanus auf dem Heidelberger Marktplatz vor der Heiliggeistkirche wegen Häresie ("Arianische Verschwörung" gegen Trinitätsdogma) und Hochverrat ("Konspiration mit den Türken") (ohne reguläres Gerichtsverfahren)

11. November 1576: Kurfürst Friedrich III. wird im Königschor der Heiliggeistkirche beigesetzt



Veröffentlichungen:

Friedrich III., Pfalz, Kurfürst [Hg.], Kirchenordnung, Wie es mit der Christlichen Lehre, heiligen Sacramenten, vnnd Ceremonien inn des Durchleuchtigsten Hochgebornen Fürsten vnnd Herren, Herrn Friderichs Pfaltzgrauen  bey Rhein, des heilige Römischen [digitalisiert] http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kirchenordnung1563



Literatur:

Max Graff, Ein "ingens incendium" als böses Omen. Victorinus Strigel über den Heidelberger Schloßbrand im Jahr 1569, in: ZGO 169 (2021)

Johann Friedrich Hautz, Die Juristen-Facultät der Universität Heidelberg unter der Regierung des Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz von 1559-1576. Aus dem August- und Septemberheft der „Akademischen Monatsschrift“ besonders abgedruckt. Leipzig 1853

Frieder Hepp, Friedrich III. von der Pfalz (1515-1576), in: Susan Richter, Armin Kohnle (Hgg.), Herrschaft und Glaubenswechsel. Die Fürstenreformation im Reich und in Europa in 28 Biographien. (Heidelberger Abhandlungen zur Mittleren und Neueren Geschichte, NF 24). Heidelberg 2016, S. 337-351

Alfred Kluckhohn, Briefe Friedrich des Frommen Kurfürsten von der Pfalz mit verwandten Schriftstücken, Gesellschaft. und bearb. von Alfred Kluckhohn. Bd. I, Braunschweig 1868. Bd. II, 1 und II, 2, 1872

Alfred Kluckhohn, Friedrich der Fromme, Kurfürst von der Pfalz, der Schützer der reformirten Kirche 1559-1576. Nördlingen 1879

Manfred Kuhn, Joachim Weinhardt, Die Verantwortlichkeit Friedrichs III. für das Todesurteil über Johannes Sylvanus († 23. Dezember 1572) und seine Motive, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt Nr. 27 (2023), herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein e. V., Nr. 27 (2022), S. 11-30

Hans-Martin Mumm, Friedrich III. als Bauherr. Das Giebeldach des Bibliotheksbaus von 1569, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein, Jg. 26 (2022), S. 157-166

Hans Rott, Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg, Bd. 6, S. 232ff.


Ulrike Schofer, Wolf-Dieter Müller-Jahnke, Adelsmedizin am Kurpfälzer Hof zu Heidelberg. Die medico-pharmazeutischen Rezeptsammlungen Kurfürst Ludwigs VI., in: Geschichte der Pharmazie Nr. 2 (44. Jahrgang 1992) S. 23-29 [BHGV]

Ulrike Schofer, Katalog der deutschen medizinischen Handschriften der Universitätsbibliothek Heidelberg aus dem Besitz von Kurfürst Ludwig VI. von der Pfalz (1539-1583). Heidelberg 2003 http://www.uni-heidelberg.de/presse/news04/2404ludw.htm http://www.palatina-verlag.de/11schofer.htm

https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_III._(Pfalz)