Heidelberger Geschichtsverein e.V.

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Carl Neinhaus

*10. März 1888 Hoch-Emmerich/Niederrhein

14. November 1965 Stuttgart (auf dem Heidelberger Bergfriedhof begraben, städtisches Ehrengrab bis 2022)

Jurist, Politiker

evangelischer Pfarrerssohn, unverheiratet

Vorsitzender des Verwaltungsauschusses der GGH

Mitglied der NSDAP (1. 5. 1933), Mitgliedsnummer 2558531

Kreishauptstellenleiter der NSDAP

Förderndes Mitglied der allgemeinen SS

Rittmeister d. R. (1936)

Präsident der Verfassungsgebenden Landesversammlung von Baden-Württemberg (1952)

Ehrenbürger von Heidelberg (1963)

Wohnung bis April 1945: Neuenheimer Landstraße 20, danach Kohlhof 8 (heute: 6)

Wohnung 1956: Neuenheimer Landstraße 20, Kohlhof 8

Fahrer seines Dienstwagens: Robert Wezel (+1975)





Abitur in Duisburg


1905-1909: stud. Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft in Heidelberg und Bonn

1905/06: in Bonn Mitglied der Burschenschaft Alemannia

einjähriger Miitärdienst


1909-1914: juristische Vorbereitungsdienst in Straßburg

1914: legt den ersten Teil des Zweiten Staatsexamens in Straßburg ab


1914-1918: Kriegsdienst in einem Kavallerieregiment, in dem er zum Rittmeister aufsteigt

November 1918: 2. juristische Staatsprüfung

1919: Promotion in Bonn zum Dr. jur.

1919: juristischer Hilfsarbeiter bei der Stadt Homberg am Niederrhein. Beigeordneter der Stadt Homberg.

1920-1929: Beigeordneter der Stadt Barmen


1929-1945: Oberbürgermeister von Heidelberg (als unabhängiger Kandidat der "Vereinigten bürgerlichen Gruppen" durch den Bürgerausschuss mit 93 von 105 Stimmen gewählt, Amtsantritt: 1. Februar 1929)

21. Februar 1929: Vereidigung des Oberbürgermeisters durch den Landeskommissär in Mannheim

11. August 1929: Verfassungsfeier (10 Jahre Weimarer Verfassung) mit Ansprache von OB Carl Neinhaus

31. März 1933: Oberbürgermeister Dr. Carl Neinhaus in einem Schreiben an alle städtischen Ämter: „Unter Übersendung einer Abschrift der Anordnung des Herrn Reichskommissars für das Ministerium des Inneren vom 30. ds. Mts. ersuche ich wegen der Einstellung aller an marxistische Vereinigungen hier bezahlten Beihilfen, Zuschüsse etc. sofort das Nötige zu veranlassen.“ (Darunter fällt auch die Arbeiterwohlfahrt Heidelberg; vgl. 23. Mai 1933)

7. April 1933: Oberbürgermeister Dr. Carl Neinhaus ordnet an, daß sämtliche in den Beständen der Heidelberger Volksbibliothek befindlichen Bücher und Zeitschriften, „die ausgesprochen bolschewistische, marxistische, pazifistische oder atheistische [sic] Tendenzen aufweisen, ...für den öffentlichen Ausleiheverkehr zu sperren“ seien

7. April 1933: das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (BBG) bestimmt, Angehörige des öffentlichen Dienstes, „die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten“, sowie solche „nicht arischer Abstammung“ aus dem Dienst zu entlassen. Als „nicht arisch“ gilt jede Person, die einen Eltern- oder Großelternteil hat, der der jüdischen Religion angehört. Diese Bestimmungen gelten nicht für Kriegsteilnehmer. - 76 Angehörige der Stadtverwaltung und 26 Heidelberger Universitätslehrer werden entlassen.

1. Mai 1933: Kundgebung des ADGB mit ca. 10.000 Teilnehmern auf dem Universitätsplatz. Redner OB Dr. Carl Neinhaus erklärt öffentlich seinen Eintritt in die NSDAP.

Mitte Mai 1933: wird auf eigenen Wunsch vom Amt beurlaubt

Juni 1933: Bestätigung in seinem Amt durch Reichsstatthalter und Gauleiter Robert Wagner

2. Juni 1933: OB Carl Neinhaus überträgt Wilhelm Schneider (1895-1978, Mitglied der NSDAP seit 1. 5. 1933) die Leitung des städtischen Personalamts

10. November 1933: Wahlkundgebung von Oberbürgermeister Carl Neinhaus in der Stadthalle vor den Mitarbeitern der Stadtverwaltung. Er fordert sie zu einem positiven Votum bei der Reichstagswahl und der Volksabstimmung über den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund auf.

30. Mai 1934: Grundsteinlegung der Thingstätte auf dem Heiligenberg Rede zur Grundsteinlegung

1934: Ernennung zum Parteikreisstellenhauptleiter

6. Januar 1935: Einweihung des Saar-Mahnmals am Rathaus durch Oberbürgermeister Carl Neinhaus

[30. Januar 1935: Die Deutsche Gemeindeordnung verankert das „Führerprinzip“ in den Gemeinden und macht die Oberbürgermeister von Beschlüssen kommunaler Wahlgremien unabhängig]

April 1936: OB Carl Neinhaus überträgt Wilhelm Schneider (1895-1978, Mitglied der NSDAP seit 1. 5. 1933), Leiter des städtischen Personalamts, im Nebenamt die Geschäftsführung der städtischen Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz

28. Juni 1936 (-30. 9. 1936): Eröffnung der Ausstellung Heidelberg, Vermächtnis und Aufgabe im Kurpfälzischen Museum (Entwurf und Leitung: Dr. Ludwig Neundörfer, künstlerische Formgebung: Rudolf Kramer). Rede des Oberbürgermeisters Dr. Karl Neinhaus zur Eröffnung („Nichts anderes will ja Heidelberg, wie in Ehrfurcht vor deutschem Schicksal, wie in letzter Verbundenheit mit allem, was deutschen Namen trägt, die reichen Schätze seines Vermächtnisses und die bewußte Arbeit seiner Gegenwart hineinstellen in den Dienst am deutschen Volk und seinem Führer, dem auch diese Stadt bis zum letzten verschworen ist“). 41.000 Besucher sehen die Ausstellung.

27. Oktober 1936: Neinhaus ruft in der öffentlichen Ratsherrensitzung zur Gründung einer Vereinigung der Freunde der Heimatkunde in Heidelberg auf („Es soll eine Vereinigung werden, die durch alle Schichten der Bevölkerung geht. Daß sie immer nur im nationalsozialistischen Sinne arbeitet, ist eine Selbstverständlichkeit, die ich kaum zu erwähnen brauche.“) (nach: Heidelberger Fremdenblatt 13/November 1936, S. 2f.) mehr

16. Januar 1937: Aufruf zur Gründung einer Vereinigung der Freunde der Heimatkunde in Heidelberg, unterzeichnet von Universitätsprofessor Dr. Eugen Fehrle, Ratsherr der Stadt Heidelberg, Leiter der Lehrstätte für Deutsche Volkskunde in Heidelberg, Heinrich Landfried, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Mannheim, Karl Lindinger, Ratsherr der Stadt Heidelberg, Kreisobmann der DAF, Dr. Carl Neinhaus, Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg, Universitätsprofessor Dr. Paul Schmitthenner, Ratsherr der Stadt Heidelberg, Badischer Staatsminister, Wilhelm Seiler, Kreisleiter des Kreises Heidelberg der NSDAP, Stadtoberschulrat. „Für die gewaltigen Aufgaben, vor denen das deutsche Volk steht, gilt es alle Kräfte einzusetzen (...) Das Kurpfälzische Museum wird ein Haus der Gesellschaft (...) Das Haus der Gesellschaft soll Leben erfüllen. Hausmusiken, Abende im Garten, Vorträge werden dem Heidelberger immer neuen Anlaß zum Kommen bieten und auch dem Fremden, der am geistigen Leben der Stadt Anteil nehmen möchte, offen stehen. Es ist weiter daran gedacht, die verschiedenen Veröffentlichungen zur Geschichte deer Stadt und ihrer Umgebung zusammenzufassen und von Seiten der Gesellschaft ein Heidelberger Jahrbuch herauszugeben (...) Anmeldungen sind zu richten an die Heidelberger Gesellschaft zur Pflege der Heimatkunde, Kurpfälzisches Museum.“ (Anzeige in den Heidelberger Neueste Nachrichten Nr. 13, 16. 1. 1937, S. 16)

1938: wird nach Ablauf seiner Amtszeit durch politische Ernennung für weitere zwölf Jahre als Oberbürgermeister bestätigt

1939: wird mit Beginn des Zweiten Weltkriegs (und 1940) zweimal für einige Monate als Reserveoffizier zur Wehrmacht eingezogen


12. Juli 1939: Eröffnung der (letzten) Reichsfestspiele Heidelberg (bis 20. August) im Beisein von Reichsminister Dr. Joseph Goebbels. Überreichung des Ehrenbürgerbriefs an Goebbels durch OB Carl Neinhaus

29. August 1940: OB Neinhaus verbietet den Juden das Betreten der öffentlichen Anlagen

5. März 1942: OB Dr. Carl Neinhaus verfügt die Umbenennung der städtischen Volksbücherei in Stadtbücherei

1944: OB Carl Neinhaus überträgt Wilhelm Schneider (1895-1978, Mitglied der NSDAP seit 1. 5. 1933), Leiter des städtischen Personalamts, Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz, zusätzlich die Leitung des Wohnungsamtes

25. März 1945 (Sonntag): OB Carl Neinhaus läßt durch Verwaltungsdirektor Wilhelm Schneider (1895-1978) belastende Akten (darunter Dienstakten aus der Registratur des Personal- und Organisationsamtes) aussortieren und im Heizungskeller des Rathauses verbrennen. (Diese Akten fehlen nach 1945 in den Spruchkammerverfahren, um die Vorgänge in der Stadtverwaltung aufzuarbeiten)

30. März 1945: die amerikanische Armee rückt in Heidelberg ein

1. April 1945: Oberbürgermeister Dr. Carl Neinhaus wird von der Besatzungsmacht abgesetzt, Bürgermeister Max Genthe wird seines Amtes enthoben und in ein Internierungslager verbracht.

7. bis 19. April 1945: Neinhaus wird von der Besatzungsbehörde für knapp zwei Wochen im Faulen Pelz festgesetzt. Er entgeht einer längeren Internierungshaft durch Fürsprache verschiedener Heidelberger Bürger.

30. Mai 1947: Neinhaus wird im Entnazifizierungsverfahrens vor der Heidelberger Spruchkammer als "Mitläufer" eingestuft. Legt gegen die Entscheidung Berufung ein.

5. November 1949: Neinhaus wird im Revisionsverfahren des Entnazifizierungsverfahrens als "Entlasteter" freigesprochen

1950: Eintritt in die CDU

11. November 1950: Wahl im Wahlkreis Heidelberg-Stadt in den Landtag von Württemberg-Baden (bis 1952)

9. März 1952: Wahl in die Verfassungsgebende Landesversammlung von Baden-Württemberg

1952-1960: Landtagsabgeordneter der CDU

4. April 1952: Oberbürgermeister Dr. Hugo Swart stirbt in Heidelberg

April 1952: Neinhaus wird zum Präsidenten der Verfassungsgebenden Landesversammlung von Baden-Württemberg gewählt

25. April 1952: Errichtung des Landes Baden-Württemberg. Ende des Landes Baden. Carl Neinhaus, Präsident der verfassungsgebenden Landesversammlung, vereidigt die erste Landesregierung von Baden-Württemberg (FDP/DVP, SPD, BHE) unter Ministerpräsident Reinhold Maier

13?. Juli 1952: Wahl des Oberbürgermeisters. Dr. Carl Neinhaus wird im 1. Wahlgang von 50,9% der Wähler (25.168 von 51.711) Stimmen gewählt (bis 1958) (Gegenkandidat der SPD: Josef Amann, 1879-1971)

November 1953: Neinhaus wird Präsident des Landtags von Baden-Württemberg

5. Mai 1955: Theodor Heuss eröffnet den neuen Hauptbahnhof Heidelberg

4. März 1956: Wahl zum Landtag von Baden-Württemberg. Neinhaus erringt das Direktmandat und wird zum Präsidenten des Landtags gewählt.

Mai 1957: Einweihung des Kinderspielplatz Märzgarten durch OB Neinhaus („Der Oberbürgermeister wies auf den Spielplatz-Mangel in der Altstadt hin.“)

März 1958: Ehrensenator der Universität Heidelberg

26. März 1958: die CDU nominiert Neinhaus zum OB-Kandidaten

9. Mai 1958: die CDU nominiert RA Dr. Richard Hofert zum OB-Kandidaten

8. Juni 1958: Oberbürgermeister-Wahl, erster Wahlgang. Landgerichtspräsident Robert Weber (SPD) erhält 43,5 %, Dr. Richard Hofert (CDU, 1899-1965) 26,1 %, Dr. Werner Munzinger (FDP, 1909-1989) 14,1 %, RA Werner Poppen (parteilos, 1918-1996) 5,9 %, Carl Neinhaus (von den Wählern auf dem Stimmzettel nachgetragen) 8,2 % der Stimmen. Keine Entscheidung.

11. Juni 1958: die CDU nominiert Neinhaus zum OB-Kandidaten

12. Juni 1958: Neinhaus verkündet im Gemeinderat seine Kandidatur

 22. Juni 1958: Oberbürgermeister-Wahl, 2. Wahlgang: Robert Weber (SPD) mit 54,7 % zum OB gewählt; Carl Neinhaus (Kandidat der bürgerlichen Parteien) unterliegt mit 44,0 %.

Juli 1958: Umzug nach Stuttgart

20. März 1963: Carl Neinhaus und Josef Amann werden zu Ehrenbürgern der Stadt Heidelberg ernannt



9. Dezember 1965: Trauerfeier im Großen Saal des Rathauses

1967: die Stadt Heidelberg verkauft das Haus Neuenheimer Landstraße 20, Dienstwohnung von Oberbürgermeister Dr. Neinhaus, dann Sitz des Institut für Sozial- und Arbeitsmedizin

23. April 2002: Carl Neinhaus - eine Karriere. Foto-Ausstellung des LK Geschichte im KFG. Führung durch die Ausstellung mit Dr. Frank Moraw für den HGV

28. März 2017, 19 Uhr: „Einer, der immer dabei war: Carl Neinhaus – Oberbürgermeister in Demokratie und Diktatur“. (Vortrag von Reinhard Riese in der Ebert-Gedenkstätte, Pfaffengasse 18 in Kooperation mit dem HGV)

26. Januar 2018, 11 Uhr Buchvorstellung: Täter Helfer Trittbrettfahrer. Bd. 7: NS-Belastete aus Nordbaden und Nordschwarzwald. Hg. Wolfgang Proske. 21 biographische Aufsätze, darunter über Ernst Krieck, Carl Neinhaus, Paul Schmitthenner, Eugen Ulmer. Der Herausgeber und zwei Autoren stellen den Band in Kurzreferaten vor (Universitätsarchiv Heidelberg, Akademiestr. 4-8). (In Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Geschichtsverein)

29. Mai 2021: ein Artikel in der RNZ stellt die Frage, ob der ehemalige Heidelberger Oberbürgermeister Dr. Carl Neinhaus, der Mitglied der NSDAP war, weiterhin sein Ehrengrab der Stadt Heidelberg verdient

26. Januar 2022: der Haupt- und Finanzausschuss des Heidelberger Gemeinderats spricht sich mit großer Mehrheit vorberatend dafür aus, das städtische Ehrenmgrab für Carl Neinhaus nicht mehr als städtisches Ehrengrab zu führen


10. Februar 2022: der Gemeinderat beschließt, daß Neinhaus den Ehrengrabstatus verliert






Zitate:

Wir werden unseren tiefempfundenen Dank für Ihre Bestimmung der Stadt als Stätte der Reichsfestspiele dadurch beweisen, daß wir alle unsere Kräfte in den Dienst echt nationalsozialistischer Gestaltung der Reichsfestspiele stellen“ (Dr. Karl Neinhaus, Telegramm an Reichsminister Goebbels, in: Heidelberger Fremdenblatt Nr. 1, Januar 1935, S. 3)

Nichts anderes will ja Heidelberg, als in Ehrfurcht vor deutschem Schicksal, wie in letzter Verbundenheit mit allem, was deutschen Namen trägt, die reichen Schätze seines Vermächtnisses und die bewußte Arbeit seiner Gegenwart hineinstellen in den Dienst am deutschen Volk und seinem Führer...“ (Aus der Rede des Oberbürgermeisters der Stadt Heidelberg Dr. Karl Neinhaus zur Eröffnung der Ausstellung „Heidelberg, Gedächtnis und Aufgabe“, gehalten am ersten Tag der 550. Jahrfeier der Universität Heidelberg. 28. Juni 1936. zitiert in: Hermann Eris Busse (Hg.), Heidelberg und das Neckartal. Badische Heimat, Zeitschrift für Volkskunde, Heimat-, Natur- und Denkmalschutz, 26. Jg., Jahresband 1939, Freiburg 1939, S. 5)

Mit zwei weithin sichtbaren Werken verleiht das nationalsozialistische Heidelberg seinem Sein den Sinn großer deutscher Zeiten; mit dem Heldenfriedhof …. verewigt es das Gedenken an den großen Krieg und an seine in ihm gefallenen Söhne; mit der Thingstätte am Heiligen Berg beschwört es den Geist germanisch-heldischer Vorzeit.” (…) “Von der jungen Mannschaft unseres Volkes in freiwilligem Ehrendienst aus deutscher Erde geschaufelt,… erwächst diese Thingstätte am Heiligen Berg als wirksamste Waffe im Kampf um der deutschen Volkwerdung ureigenstes Geheimnis, erwächst diese Thingstätte zur jungen Künderin und Priesterin im Dienst am ewigen, heiligen Volk und Reich der Deutschen und vor allem an seiner Jugend…“ (Heidelberger Volksblatt, 1. Juni 1934)



Zitat über Neinhaus:

Neinhaus hat die Stadt durch alle Wirren glücklich geleitet. Nicht ohne sein Verdienst wurde die Stadt 1945 von den zurückgehenden deutschen Truppen gemieden und deshalb nicht beschossen. Nur ganz wenige Granaten trafen die Stadt, davon eine mein damaliges Institut. Er hat alles getan, um die Sprengung der Alten Brücke zu verhindern, was ihm leider nicht gelang. Von Fräulein Egetmeyer erhielt er Kenntnis von Telefongesprächen, die die Amerikaner auf der unzerstörten Wasserwerksleitung von Mannheim nach Heidelberg führten, um die Schonung Heidelbergs zu ermöglichen. Sie bekam dann von Neinhaus die Antworten, die mit den deutschen militärischen Stellen abgestimmt waren. Sie und Neinhaus haben sich dadurch ein großes Verdienst um Heidelberg erworben. (Diese Tatsachen entnehme ich teilweise wörtlich einer Arbeit von Professor Ernst.)“ (Hermann Hoepke, Gedenkrede bei der Trauerfeier für Oberbürgermeister i. R. Dr. Carl Neinhaus. Landtagspräsident i. R., Ehrenbürger der Stadt Heidelberg, Ehrensenator der Universität Heidelberg. Am 9. Dezember 1965 im Großen Saal des Rathauses zu Heidelberg. Heidelberg (Brausdruck) 1965, S. 10)

"In den letzten Jahren hat er sich viel mit Politik beschäftigt und dank seiner angesehenen Stellung alle führenden Männer unseres Staates kennen gelernt. Er hat sich mit dem Wesen des Staates und dem Wesen der Demokratie ebenso eingehend beschäftigt wie mit dem Wesen der Stadt. Herr Landtagspräsident Gurk, sein Nachfolger, hat ihn mit Recht einen Philosophen auf dem Präsidentenstuhl genannt." (a.a.O., S.11)

Er war ein typischer Mitläufer und unbedeutender Charakter, aber ein tüchtiger Bürgermeister.“ (Karl Jaspers, Schicksal und Wille, hg. v. H. Saner, 1967, S. 166)



Literatur:

Karl Christ, Alt-Heidelberger Wirtschaften. Ziegelhausen 1925, S. 7

Andreas Cser et al., Geschichte der Juden in Heidelberg. Heidelberg 1996, S. 472f.

Helge Dvorak, Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 4: M–Q. Winter, Heidelberg 2000, S. 188–190


Anica Edinger, Ehrengrab für Carl Neinhaus ist wohl bald Geschichte. Beschluss mit großer Mehrheit im Hauptausschuss – Gutachten bescheinigt Ex-Oberbürgermeister in der Nazi-Zeit Opportunismus, in: Rhein-Neckar Zeitung | Heidelberger Nachrichten, Freitag, 28. Januar 2022 Seite 3

Frank Engehausen, Gutachten zu Person und Amtsführung des Heidelberger Oberbürgermeisters Dr. Carl Neinhaus in seinen drei Amtszeiten 1933 – 1945, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt Nr. 27 (2023), herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein e. V., Nr. 27 (2022), S. 272-286

Paul Erdmann, Standhalten oder weichen? Der Rotary Club Heidelberg und seine Nachbarclubs im Nationalsozialismus, Stuttgart 1922 (unveröffentliches. Manuskript, Festschrift, 261 Seiten, Download im pdf-Format: https://memorial-rotary.de/dokumente/390 )

Horst Ferdinand, Carl Neinhaus (1888-1965). Aspekte einer umstrittenen Biographie. Sankt Augustin 2002 - Rezension: Frank Moraw, Umstrittene Biographie über einen umstrittenen OB - Zu der neu erschienenen Schrift von Horst Ferdinand über Carl Neinhaus - „Persilscheine“ ohne Korrektiv - Wenig Raum für Legenden, in: RNZ, 15. 10. 2002 – Rezension von Helmut Joho (Badische Heimat 2/2003) http://www.landeskunde-online.de/rhein/kultur/bheim/rez/03/neinhaus.htm http://www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/kultur/bheim/rez/03/neinhaus.htm

Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein, Nr. 4 (1999), S. 131, 137ff., 307

Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein e. V., Nr. 14 (2010), S. 113f., 116

Jürgen C. Hess, Hartmut Lehmann, Volker Sellin (Hg.), Heidelberg 1945 (Transatlantische historische Studien, Bd. 5). Stuttgart 1996

Hermann Hoepke, Gedenkrede bei der Trauerfeier für Oberbürgermeister i. R. Dr. Carl Neinhaus. Landtagspräsident i. R., Ehrenbürger der Stadt Heidelberg, Ehrensenator der Universität Heidelberg. Am 9. Dezember 1965 im Großen Saal des Rathauses zu Heidelberg. Beilage zu Ruperto-Carola. Mitteilungen der Vereinigung der Freunde der Studentenschaft der Universität Heidelberg, 17. Jahrgang, Bd. 38, Dezember 1965. Heidelberg (Brausdruck) 1965


Frank Moraw, „Ich gestatte mir die Anfrage an den Herrn Oberbürgermeister“. Carl Neinhaus, Stadtoberhaupt in drei politischen Systemen, in: Verführt und verraten. Jugend im Nationalsozialismus. Bruchstücke aus der Region. Ausstellungskatalog für das Kurpfälzische Museum der Stadt Heidelberg, Hrsg. von J. Bahns, Heidelberg 1995, S. 77-83

Frank Moraw, Heidelberg im Zeichen der Nürnberger Rassengesetze. Carl Neinhaus und Therese Wiesert: Zum politischen Spielraum eines Oberbürgermeisters im Nationalsozialismus. in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, Bd. 1. Heidelberg 1996, S. 195-203

Frank Moraw, Repräsentant jeder beliebigen Obrigkeit? Vor 50 Jahren: Carl Neinhaus wird Präsident der verfassungsgebenden Landesversammlung des neu gegründeten Landes Baden-Württemberg, in: Rhein-Neckar-Zeitung, 9. 3. 2002

Frank Moraw, (Alt-Oberbürgermeister Neinhaus auf dem Kohlhof), in: Georg Stein (Hg.), Die Insel im Wald. 300 Jahre Heidelberger Kohlhof. Heidelberg 2006, S. 80-83

Hans-Martin Mumm, „XXII Polizei. Nr. 2 Sicherheit. Massnahmen gegen Zigeuner“. Carl Neinhaus und die Heidelberger Sinti 1935/36, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein 8 (2003/04), S. 89ff.

Hans-Martin Mumm, Die letzten jüdischen Mieterinnen und Mieter der GGH bis 1945. Zur Rolle der Stadt im Novemberpogrom 1938, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein 26 (2022), S. 111-117

Dr. Neinhaus wurde Ehrenbürger. Der Wortlaut der Ansprachen, die in der Festsitzung vom 20. März im großen Rathaussaal gehalten wurden, in: Heidelberger Amtsanzeiger, Nr. 13, 29. 3. 1963, S. 3-6

Wolfgang Proske (Hg.), NS-Belastete aus Nordbaden und Nordschwarzwald (Täter, Helfer, Trittbrettfahrer 7). Gerstetten 2017

Fritz Quoos, Carl Neinhaus – ein umstrittener OB und Politiker, in Rhein-Neckar-Zeitung, Heidelberg, 2007:174:5 (Heidelberger Nachrichten) vom 31. Juli 2007 (Über die städt. Ehrengräber auf dem Bergfriedhof, Folge 10. Untertitel: Seine Karriere begann in der Weimarer Republik – Er überlebte den NS-Staat und erreichte den Zenit nach dem Krieg)


Friederike Reutter, Heidelberg 1945-1949. Zur politischen Geschichte einer Stadt in der Nachkriegszeit. (Buchreihe der Stadt Heidelberg Bd. 5, im Auftrag der Stadt Heidelberg hg. von Peter Blum) Heidelberg 1994, S. 109-112 et passim

Sebastian Riemer, Wie Carl Neinhaus eine verdiente Mitarbeiterin loswerden wollte. Im September 1935 entließ Oberbürgermeister Carl Neinhaus die Fürsorgeschwester Therese Wiesert. Der Grund: Die Beamtin wollte ihre privaten Freundschaften zu zwei Familien jüdischer Abstammung nicht beenden. Ein Gericht hob die Entlassung auf, Wiesert durfte weiter arbeiten. Der Fall zeigt: Zu diesem Zeitpunkt gab es in der Diktatur noch Spielräume für Menschen mit Gewissen und Rückgrat – Carl Neinhaus aber fehlte es an beidem, in: Rhein-Neckar-Zeitung Nr. 144, Samstag/Sonntag, 25./26. Juni 2022, S. 33 [Artikel basiert auf den Forschungen von Frank Moraw, ohne die Quelle zu nennen]


Reinhard Riese, Dr. Carl Neinhaus: Ein Mann, „der mitgetan hat, ohne innerlich dabei zu sein“ ?, in: Wolfgang Proske (Hg.), Täter Helfer Trittbrettfahrer. Band 7: NS-Belastete aus Nordbaden + Nordschwarzwald. Gerstetten 2017, S. 235–256


Reinhard Riese, „Heidelbergs letzter Kurfürst“ wird abgewählt. Carl Neinhaus und die Oberbürgermeister-Wahl von 1958, in: Heidelberg. Jahrbuch des Heidelberger Geschichtsverein Nr. 21 (2017), S. 71-86


Reinhard Riese, Zwei Karrieren. Eine Studie zur Geschichte der Heidelberger Stadtverwaltung 1933–1953, in: Heidelberg. Jahrbuch des Heidelberger Geschichtsvereins, Nr. 22 (2018), S. 89-109

Reinhard Riese, (K)ein Ehrengrab für Carl Neinhaus?, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt Nr. 27 (2023), herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein e. V., Nr. 27 (2022), S. 267-271


Leena Ruuskanen, Der Heidelberger Bergfriedhof. Kulturgeschichte und Grabkultur. Ausgewählte Grabstätten. Heidelberg 1992, S. 73

Denis Schnur, „Täter wäre zu viel, Trittbrettfahrer zu wenig“. Historiker Reinhard Riese über Carl Neinhaus – Ex-Oberbürgermeister biederte sich den Nazis an – Sein Ehrengrab soll dennoch bleiben. in: RNZ, 1. Juli 2021, Seite 3 https://www.rnz.de/nachrichten/heidelberg_artikel,-heidelberg-wie-sich-ex-oberbuergermeister-neinhaus-den-nazis-anbiederte-_arid,697825.html

Karla Sommer, Erklärte OB Carl Neinhaus von 63 Jahren Heidelberg zur „offenen Stadt“ – und verhinderte so die Zerstörung?, in: RNZ, 29. 3. 2008, S. 3

http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Neinhaus

http://www.die-stadtredaktion.de/2014/11/diestadtredaktion/ex-ob-carl-neinhaus-ein-diener-dreier-herren/ (Ex-OB Carl Neinhaus – ein Diener dreier Herren, Die Stadtredaktion, 30. November 2014)

https://www.ardmediathek.de/ard/player/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzExNTcwOTA/trauerfeier-fuer-landtagspraesident-dr-neinhaus (Trauerfeier im Landtag, 6. 12. 1965)

https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/suche/ergebnis1.php (Spruchkammerakte)://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-3761403 (Spruchkammerakte)

https://www.leo-bw.de/detail/-/Detail/details/PERSON/kgl_biographien/116908513/Neinhaus+Carl+Georg+Hermann

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/geschichte-die-weg-muss-das-ehrengrab-des-heidelberger-ns-buergermeisters-carl-neinhaus-100.html (Sendung vom Fr., 27.8.2021 18:40 Uhr, SWR2 Kultur aktuell, SWR2)

https://www.ardmediathek.de/video/swr-aktuell-baden-wuerttemberg/swr-baden-wuerttemberg/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE1MjM2NTY/ (Sendung 19:30 Uhr vom 1.9.2021, SWR Aktuell Baden-Württemberg, ab Minute 22:30)

https://www.deutsche-biographie.de/gnd116908513.html

file:///C:/Users/HPUSER~1/AppData/Local/Temp/01_Gutachten_Prof_Dr_Frank_Engehausen.pdf (Stadt Heidelberg - Ehrengrab Carl Neinhaus - Wissenschaftliches Gutachten zu „Wahrnehmungen und Einschätzungen der Person und der Amtsführung des Oberbürgermeisters Carl Neinhaus in der Zeit des Nationalsozialismus in Öffentlichkeit und historischer Forschung von seinem Tod bis zur Gegenwart, von Prof. Dr. Frank Engehausen, Historisches Seminar der Universität, 15. September 2021)