Heidelberger Geschichtsverein e.V.                          HGV

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Des Heidelberger Schlosses Wiedersehen im Sommer 1810

Wie Geister in der Dämmrungsstunde,
Versank die Sonne in die Flut,
Dann einsam kreisen ihre Runde,
Wenn schweigend alles Leben ruht;

So wandelte auf schmalem Pfade
Ich still, von Allen unerkannt;
Dem Ahnenschlosse ich mich nahte
In dem verlornen Vaterland.

Und trauernd wallt´ich in den Hallen,
Die lange schon verheert der Blitz;
Dem Fremdling sind sie zugefallen,
Jahrhunderte der Väter Sitz.

Die Bilder draußen an den Mauern,
Der einst darin Gethronten stehn,
Von dem Gestein in dumpfen Trauern
Sie noch auf ihre Pfälzer sehn.

Und hingegeben ernstem Denken,
Dem Heißersehnten wieder nah,
Des Enkels Blicke nun sich senken
Zum Rhein, den lange er nicht sah.

Vom Thurme klangen hehre Töne
Da in des Abends Frieden mild;
Hinzog, ergriffen durch das Schöne,
Die Sehnsucht, sie wird nicht gestillt.

(aus: Gedichte Ludwigs des Ersten, Königs von Bayern, Th. 1, 3. Aufl., Cotta 1839, S. 113f.)

H. v. Treitschke, König Ludwig von Bayern und die badische Pfalz