Heidelberger Geschichtsverein e.V.
Rudolf Agricola
*29. November 1900 Ladenburg
†14. Januar 1985 Greifswald
Wirtschaftswissenschaftler, Journalist, Politiker.
Vater: Zigarrenfabrikant
stud. Volkswirtschaft an den Universitäten Heidelberg, Erlangen, Freiburg, Handelslehrerschule in Mannheim
1924: Promotion über das Thema „Die Beziehungen von Bankzentralen zu Filialen und Depositenkassen“
1924: Mitglied der SPD, Stadtverordneter von Zeitz
1926: Examen als Diplom-Handelslehrer, unterrichtet danach bis 1933 Handelsoberlehrer in Zeitz (Bezirk Halle)
1931-1933: Mitglied der SAP
1933: Mitglied der KPD
politische Widerstandsarbeit im Raum Merseburg/Halle, Verhaftung durch die Gestapo
1935: Verurteilung zu 8 Jahren Gefängnis wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" (Redakteur der illegalen Zeitung „Nun erst recht“)
1943: Haftentlassung, arbeitet als Buchhalter in einer Uhrenfabrik in Villingen
1945: Heidelberg, Journalist, Vorstandsmitglied der DENA (Nachrichtenagentur für die amerikanische Zone), Mitglied des städtischen Kulturausschusses. Vorsitzender der Ortsgruppe der KPD in Heidelberg, Mitglied des Landesvorstands der KPD in Württemberg-Baden
5. September 1945: die Amerikaner erteilen Theodor Heuss, Hermann Knorr und Rudolf Agricola die Lizenz zur Herausgabe der „Rhein-Neckar-Zeitung“ in Heidelberg.
1946: Mitglied der SED
Oktober 1947: Professor für politische Ökonomie der Universität Halle
31. August 1948: Entzug der Lizenz zur Herausgabe der „Rhein-Neckar-Zeitung“
1948: Übersiedlung in die SBZ, Dozentur an der Universität Halle, Direktor des Zeitungswissenschaftlichen Instituts, Professor für Politökonomie
1950-1958: Abgeordneter der Volkskammer
1951-1953: Rektor der Universität Halle
1954-1956: Fachmann für die wirtschaftliche Entwicklung in der BRD am Institut für Wirtschaftswissenschaften der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin
1956-1962: Generalkonsul und Gesandter der DDR an der Handelsvertretung in Helsinki/Finnland, später Außerordentlicher Gesandter und Bevollmächtigter Minister
1963-1965: Professor für Politökonomie und Internationale Beziehungen zu den nordischen Ländern und Direktor des Nordischen Instituts an der Universität Greifswald
1965: Emeritierung
Zitat:
"Wer 1933 dem Ermächtigungsgesetz zustimmte, das Dritte Reich tolerierte, ja sich in Wort und Schrift in die "Volksgemeinschaft" einordnete, dem steht es heute schlecht an, von sogenannter totalitärer Demokratie in einem Teile Deutschlands zu sprechen. Demokratie ist Volksherrschaft, und die allzulauten Fürsprecher demokratischer Spielregeln sind in Wirklichkeit oft weit entfernt von Demokratie. Denn Spielregeln und Wahltechnik - auch dann, wenn es eine Deutsche Wählergesellschaft gibt - geben noch keine Volksherrschaft. Kann man die braven Demokraten, die zwölf Jahre ihre Ideale in der Westentasche trugen und heute die Werbetrommel für die wahre Demokratie und allerlei Sozialismen rühren, ernst nehmen? Kann man annehmen, daß sie heute besser kämpfen, denn unter Hitler? Und darf man sich dem Glauben hingeben, daß sie in einer ernsthaften und bedrohlichen Situation mehr Mut zeigen wie 1933? Die so Angesprochenen mögen es dem Verfasser verzeihen, wenn Skepsis am Platze erscheint." (Rudolf Agricola, Demokratie, in: Mannheimer Morgen 5. Juni 1948)
Veröffentlichungen:
Der gegenwärtige Stand der ökonomischen Wissenschaft in Westdeutschland. Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Vorträge und Schriften Bd. 59. Akademie Verlag Berlin 1956
Literatur:
Birgit Pape, Kultureller Neubeginn in Heidelberg und Mannheim 1945-1949. Heidelberg 2000, S. 104ff. et p.
Udo Leuschner, Die neue "Gleichschaltung". (http://www.udo-leuschner.de/zeitungsgeschichte/mm/147-151.htm)
http://www.catalogus-professorum-halensis.de/agricolarudolf.html
http://www.stiftung-aufarbeitung.de/www/pers_lang.php?id=14 (Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)
http://www.mdr.de/geschichte/kalenderblatt/139648.html (Mitteldeutscher Rundfunk)
http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Agricola_(Wirtschaftswissenschaftler)