Heidelberger Geschichtsverein e.V. HGV

www.haidelberg.de

Heidelberger Straßen: Namen und Numerierung

Schon früher wechselten die Straßennamen häufig. "Die Beweglichkeit örtlicher Benennungen können wir uns kaum groß genug vorstellen." (Derwein 1940, S. 45) So bewohnte z.B. der angesehene Apotheker und Ratsherr Ezechias Fettich II. (gestorben um 1610) immer dasselbe Haus, hatte aber verschiedene Adressen: 1588: Auf dem Neuen Markt, 1600: Im Mittel Kaltenthal, 1607: Sporer- oder Kleinkendelgaß. (Dietrich Lutz, Vor dem großen Brand. Stuttgart 1992, S.51; Derwein 1940, Nr. 865)

Auf Betreiben der Anwohner wurden im 19. Jahrhundert jahrhundertealte Namen von Straßen und Plätzen geändert, z.B.:

Die Bauamtsgasse hieß lange Zeit auch Dollen- oder Dohlengasse. 1760 kaufte der Bäckermeister Georg Doll das Haus Hauptstraße 89, Ecke Bauamtsgasse. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde dieser Name offiziell abgeschafft. "Durch Dohlengasse, meinte man, seien die Bewohner als diebisch bezeichnet..." (Derwein 1940, Nr. 46, 121).

Die Judengasse (Name seit 1374 nachweisbar, wahrscheinlich älter) wurde 1832 auf Wunsch der Anwohner, die "des Namens wegen nur schwer Zimmer an Studenten vermieten konnten", "gegen Regel und Volksempfinden" (Derwein) in Dreikönigstraße umgetauft (nach dem Wirtshaus zu den Drei Königen, Hauptstraße 160 (Derwein 1940, S. 43, Nr. 388). Noch heute gibt es Judengassen in vielen deutschen Orten, z.B. in Buchen, Weinheim, Worms, Speyer, Freinsheim, Neustadt, Straßburg, Köln, Frankfurt etc.

Das Kalte Tal (Gegend zwischen Schloß und Hauptstraße, Name seit 1434 nachweisbar). 1843 nach dem Landesfürsten Karl Friedrich in Karls(s)traße umbenannt, weil die Anwohner glaubten, der Name könne dem Wert ihres Grundbesitzes nachteilig sein (Derwein 1940, Nr. 418).

Das Saugäßlein (Seyergasse, Name seit 1569 nachweisbar, nach den Mastschweineställen der Bäckerzunft beim Marstall) wurde auf Wunsch von Anwohnern 1847 in Krahnengasse umbenannt, obwohl der Kran (bis zur Anlage des Neckarstaden 1896/97) nicht hier, sondern an der NW-Ecke des Zeughauses stand (Derwein 1940, Nr. 480, 759).

1856 wurde das Neckargäßchen (1659 Neckargaß) in Fahrtgasse umbenannt (Derwein 1940, Nr. 636, 167, 170; Jaeger 1988 Nr. 207).

Es ist nicht bekannt, ob die Anwohner des Faulen Pelzes je eine Änderung des Straßennamens gefordert haben. Vermutlich wohnten im 19. Jahrhundert dort weniger einflußreiche Leute. Deshalb wurde wohl auch 1848ff. dort das Gefängnis gebaut.

Viele Straßen bekamen neue Namen, als der betreffende Ort eingemeindet wurde. In Wieblingen wurden nach 1920 mindestens 19 Straßen umbenannt, in Rohrbach nach 1927 mindestens 26, in Kirchheim 20.

Ein Fall, wo nicht umgetauft wurde: Der Saupfercheckweg im Stadtwald, als Flurweg seit etwa 1881 bekannt, wurde erst in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts zum Straßennamen erhoben. Bald darauf ergingen Bitten an den Gemeinderat, den Weg umzubenennen. Die Mitarbeiter des dortigen Max-Planck-Instituts für Kernphysik setzten sich aber dafür ein, daß der alte Name, der an einen Pferch zur Übernachtung der Schweine bei der Eichen- und Buchenmast erinnert, beibehalten wurde (Derwein 1940, Nr. 765; Brecht 1968 S. 37).

Ebenso durfte die Klappergasse in Wieblingen ihren Namen behalten, obwohl man fürchtete, er würde zu unerwünschten Assoziationen Anlaß geben  (Brecht 1968 S. 55f.).


Frühere Straßennamen in Handschuhsheim:

Nach der Eingemeindung bekamen folgende Handschuhsheimer Straßen neue Namen:

Bahnhofstraße/Bäumengasse > Kriegstraße

Bismarckstraße > Werderstraße

Friedhofstraße > Rottmannstraße

Friedrichstraße > Friedensstraße

Hauptstraße > Dossenheimer Landstraße [N]/Handschuhsheimer Landstraße [S]

Neuenheimer Landstraße > Handschuhsheimer Landstraße

Neugasse [nördlich des Friedhofs] > Rottmannstraße

Rottmannstraße [südlich des Friedhofs] > Friedhofstraße

Schloßstraße > Mittelstraße

Sophienstraße > Husarenstraße

Stickelsgasse > Kleine Löbingsgasse

Villa-Straße > Bergstraße

Werderstraße > Biethsstraße

Wethgasse > Klausenpfad

Wilhelmstraße > Blumenthalstraße


Frühere Straßennamen in der Weststadt:

Franz-Knauff-Straße früher: Alleestraße

Römerstraße früher: Galgenweg (der nördliche Teil erhält um 1877 den Namen Römerstraße)

Bunsenstraße bis 1893: Luisenstraße (Kriegsstraße?)

Blumenstraße bis 1896: Neuschulhausstraße (Friedensstraße?)

Wilhelm-Erb-Straße bis 1914: Seegartenstraße (seit 1976 Adenauerplatz)

Matthison-Straße (hieß 1929 noch so, heute südöstlicher Teil des Czernyring zwischen Montpellierbrücke und Hebelbrücke)

Endemannstraße früher vulgo Schiefer Weg


Frühere Straßennamen in Kirchheim:

Nach der Eingemeindung bekamen folgende Kirchheimer Straßen neue Namen (ab 1928):

Bahnhofstraße > Hardtstraße

Bismarckstraße > Alstater Straße

Eppelheimer Straße > Stückerweg

Friedrichstraße > Hegenichstraße

Hauptstraße > Schwetzinger Straße

Hildastraße > Wingertspfad

Jakobsgasse > Häuselgasse

Kaiserstraße > Zehntstraße, heute Zentstraße

Karl-Friedrich-Straße > Konradgasse

Luisenstraße > Hedwiggasse

Moltkestraße > Lochheimer Straße

Obere Kirchgasse > mit Hegenichstraße vereinigt

Rohrbacher Straße > Odenwaldstraße

Roonstraße > Hopfengarten

Schwetzinger Straße > Heuauer Weg

Schulgasse > Schäfergasse

Untere Kirchgasse > Türmergasse

Werderstraße > Wolfgangstraße

Wieblinger Straße > Pleikartsförster Straße

Wilhelmstraße > Bürgerstraße (früher auch: Brückenstraße)

(Die heutige Hagellachstraße hieß früher Hagellachgasse)

Nach 1945 umbenannt:

Steinäckerweg > Albert-Fritz-Straße


Frühere Straßennamen in Rohrbach:

Nach der Eingemeindung am 1. April 1927 bekamen folgende Rohrbacher Straßen neue Namen (ab 1928):

Bachstraße > Am Rohrbach

Bierhelder Weg > Hauptstraße (ab Linde) und Kirchgasse und Bierhelder Straße

Bismarckstraße > Punkerstraße

Blücherstraße > Markscheide

Blumenstraße > Lupfriedgasse [nach Lupfried von Venningen, nicht aufrechterhalten]

Friedrich-Ebert-Straße > Eichendorffstraße

Friedrichstraße > Amalienstraße

Fuchstraße > Im Hasenleiser

Gartenstraße > Sickinger Straße

Goethestraße > Hagenweg

Hauptstraße (bis Linde) > Rathausstraße

Hildastraße > Helaweg

Kaiserstraße > v. d. Thann-Straße

Kirchgasse (zum Bierhelder Weg gezogen)

Kirchheimer Straße > Kolbenzeil

Landstraße > Karlsruher Straße

Leopoldstraße > N: Fuchstraße, S: Stephaniestraße

Luisenstraße > Max-Joseph-Straße

Moltkestraße > Käthchenstraße (nicht aufrechterhalten)

Pfarrgasse > Am Heiligenhaus

Pleikartsförster Straße > Lindenweg

Schloßstraße > Parkstraße

Seegasse > Burnhofweg, nach anderer Überlieferung:

Similisgasse > Burnhofweg (vgl. Derwein 1940, Nr. 842)

Werderstraße > Turnerstraße [„längs der Turn- und Sportplätze“]

Wilhelmstraße > Brechtelstraße

Judengasse> 1921 Blumenstrasse> 1927 Weingasse

Frühere Straßennamen in Wieblingen:

Nach der Eingemeindung bekamen folgende Wieblinger Straßen neue Namen:

Bismarckstraße > Edinger Straße

Eppelheimer Straße > Dammweg

Friedrichstraße > Johanniterstraße

Haspelgasse? > Schwabenheimer Weg

Hauptstraße > Lammstraße

Karlsstraße > Holzgasse

Kirchheimer Straße > Pfälzer Straße

Kirchstraße* > Klostergasse

Mühlstraße > Wundtstraße

Plöckstraße > Wallstraße

Schulstraße > Vulte-Straße [nach den Freiherrn von Vulte]

Untere Dorfstraße > Falkengasse

Untere Neckarstraße > mit Malthesergasse vereinigt

Wilhelmstraße > Driftweg

Zeppelinstraße > Starkenfelsstraße [nach der Familie La Roche-Starkenfels]

Mittlerer Weg > Grenzhöfer Weg

Unterer Weg > Am Taubenfeld

*die Kirchstraße wurde nach dem Bau des Pfarrhauses 1737/38 auch Pfarrgasse genannt


Hausnummern

1856: Einführung der Häusernumerierung nach Straßen von Westen nach Osten bzw. von Norden nach Süden (vorher: 4 Quartiere = Litera A, B, C, D + Nr.)

Häuser-Verzeichniß nach Straßen in alphabetischer Ordnung, nebst Angabe ihrer Eigenthümer. - NB. Nach der neuen Numerierung der Häuser befinden sich fast in allen Straßen der Stadt auf der einen Seite die graden, auf der anderen Seite die ungraden Häuser-Nummern. In den Straßen, die nur aus einer Häuserreihe bestehen, fehlen daher die graden oder ungraden Nummern. (Adreßbuch für 1856)

1877/78: die Zählung der Hausnummern der Hauptstraße wird geändert, indem die 1856 eingeführte Trennung des "westlichen" und des "östlichen" Teiles aufgegeben wird. (Beispiel: Hauptstraße Nr. 107 ist von nun an Hauptstraße Nr. 235)

„Noch ist zu bemerken, daß normativ sämmtliche Hausnummern von Westen nach Osten und von Norden nach Süden, die ungeraden links, die geraden rechts ziehen“. (Einwohner-Verzeichniß für 1876)


Gassen, Straße und Wege in Heidelberg

Chronologie der Straßen und Wege in und um Heidelberg

Die vier Quartiere

Lagerbuch von 1770

Altstadt - Baubestand 1773/74

Gebäude in Heidelberg

Topographische Namen südlich des Neckar

Topographische Namen nördlich des Neckar

Stadtplan 1812

Plätze

Literatur

Adreßbücher

Heidelberger Adreßbücher digital (Universitätsbibliothek Heidelberg)

Amtlicher Stadtplan Heidelberg 2002

Zeit-Tafel