Heidelberger Geschichtsverein e.V. HGV
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Die Heidelberger Studentenjagd
Der Studentenjagdstein (Frey Nr. 444, heute am Philosophenweg) erinnert daran, daß Kurfürst Karl Ludwig nach dem dreißigjährigen Krieg den Bezirk zwischen Landstraße und Wildgraben bzw. zwischen Handschuhsheim und Schriesheim den Heidelberger Studenten zur Jagd überließ.
Die Inschrift des Steins lautet "Nr. 3 / Studenten / Jagd / 1790" (oder 1791)
Kurfürst Karl Ludwig (1618-1680, reg. 1649-1680) gab, wohl um die Heidelberger Universität für auswärtige Studenten attraktiver zu machen, am 28. Dezember 1665 den Studenten das Recht auf das "kleine Weidwerk" in der Feldflur und in den Weinbergen zwischen Rohrbach, Nußloch und Leimen sowie zwischen Handschuhsheim und Schriesheim (also nicht im jagdlich weit interessanteren Wald). Jeder Student (außer Studenten der Theologie und Medizin) erhielt bei der Immatrikulation einen Jagdberechtigungsschein. Ausgenommen war die "Hohe Jagd" auf Rotwild (Hirsche), Schwarzwild (Wildschweine), Auerwild (Auerhahn), Dachse, Fasanen, Schwäne, Kraniche, die den Fürsten vorbehalten war. Erlaubt war die "Niedere Jagd" auf Rehe, Hasen, Füchse, Marder, Fischotter, Eichhörnchen, Wiesel, Hamster, Rebhühner, Enten, Schnepfen, Wachteln, Wildtauben, Kiebitze, Drosseln, Lerchen und sonstige kleine Vögel. Es durfte nur außerhalb der Fasten- und Herbstzeit gejagt werden. Der Gebrauch von Hunden und Netzen war verboten.
Schon nach wenigen Jahre, am 21. Februar 1671 hob Kurfürst Karl Ludwig das den Studenten gegebene Jagdrecht südlich des Neckars wieder auf.
Kurfürst Karl III. Philipp (1661-1742, reg. 1716-1742) lockerte die Jagdbestimmungen und dehnte das Jagdrecht auf alle Studenten aus. Sein Nachfolger Kurfürst Karl Theodor (1724-1799, reg. 1743-1799) bestätigte am 22. August 1746 das Jagdrecht der Studenten.
Um 1790 wurde der Jagdbezirk nördlich des Neckars mit 30 Jagdgrenzsteinen abgesteint. Sie tragen eine fortlaufende Nummer, die Worte "Studenten" und "Jagd" und eine Jahreszahl.
Die bürgerliche Revolution 1848/1849 brachte mit sich, daß den Fürsten die Jagdregalien, d.h., das alte Vorrecht des Adels, auf fremdem Grund und Boden zu jagen, entzogen wurden. Das Jagdrecht war von nun an mit dem Eigentum von Grund und Boden verbunden. Das Revierjagdsystem wurde begründet.
Alle Steine wurden von ihren Standorten entfernt und als Baumaterial verwendet. Drei solcher Steine sind in Heidelberg noch erhalten. Zwei „Studentenjagdsteine“ sind in Handschuhsheimer Tiefburg eingemauert.
1893 wurde beim Bau der Villa Elisabeth in der Hirschgasse 1 der Stein (bzw dessen Fragment) mit der Inschrift "Nr. 3. Studentenjagd 1790" entdeckt und in die äußere Gartenmauer eingemauert. In der ursprünglichen Setzung war der Stein wesentlich höher (ca. 1,80 Meter). Irgendwann (um 2000) hat der Hausbesitzer den öfters von Kfz beschädigten Stein entfernt und auf seinem Grundstück gelagert. Der Heidelberger Gas- und Wasserinstallationsmeister und Heizungs- und Lüftungsbaumeister Fritz Hartmann hat den Stein zum Philosophenweg gebracht und etwa 100 Meter östlich des dortigen Kiosk eingesetzt.
Literatur:
Fritz Frey, Die Flurnamen von Handschuhsheim. Heidelberg 1944, Nr. 444 [Studentenjagdstein]
Johann Friedrich Hautz, Geschichte der Universität Heidelberg. Nach handschriftlichen Quellen nebst den wichtigsten Urkunden von Johann Friedrich Hautz..., nach dessen Tode herausgegeben...von Karl Alexander Freiherr von Reichlin-Meldegg. Bd. 1 (1386 bis 1556). Mannheim 1862 , S. 181-183
Frieder Hepp u. Mitarb. (Hg.), „...sonst wird dich der Jäger holen!“ Die Jagd: Vergnügen und Verderben. Katalog zur Ausstellung im Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg (3. November 1999-30. Januar 2000), hg. von Frieder Hepp u. Mitarb., mit e. Vorwort von Thomas Werner. Heidelberg 1999 - Rezension: Uta Fötzsch, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein Nr. 5/2000, S. 306ff.
Frieder Hepp, "Der Fürsten Jagd-Lust". Zur kurfürstlichen Jagd im Zeitalter des Absolutismus, in: Alfried Wieczorek et al. (Hg.)], Lebenslust und Frömmigkeit. Kurfürst Carl Theodor (1724-1799) zwischen Barock und Aufklärung. 2 Bde. Regensburg 1999, Bd. 1, S. 141-150
Richard B. Hilf-Röhrig, Wald und Weidwerk in Geschichte und Gegenwart. Potsdam 1933, S. 102, 148
Richard B. Hilf, Der Wald. Wald und Weidwerk in Geschichte und Gegenwart - Erster Teil [Reprint]. Wiebelsheim 2003
Friedrich Franz Koenemann, Die Studentenjagd in Heidelberg, in: Jahrbuch des Stadtteilvereins Handschuhsheim 1999, S. 75-77
Karl Kollnig, Kurfürst Karl-Ludwig, in: RNZ, 5. 8. 1984
Mannheimer Geschichtsblätter. 24. Jg., Nr. 314, 1923, S. 46f.
Eduard Winkelmann (Hg.), Urkundenbuch der Universität Heidelberg. zur 500jährigen Stiftungsfeier der Universität, im Auftrage ders. hg. von Eduard Winkelmann. Bd. 1 (Urkunden). Heidelberg 1886, S. 391
Hermann Wirth, Jagdrecht der Studenten 1655 und 1671, in: Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg. Eine Vierteljahresschrift, hg. von Hermann Wirth. Bd. 1. Heidelberg Bd. 1, 1868, S. 61f.