Heidelberger Geschichtsverein e.V. HGV

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Zeittafel

Das Kloster Lorsch

Das Kloster Lorsch war eine Benediktiner-Abtei und eines der frühesten klösterlichen Zentren in Deutschland. 764 wurde die Abtei von dem fränkischen Graf im Oberrheingau Cancor (†771) zusammen mit seiner Mutter Williswinda auf Eigengut, der Kreuzwiese, einer Insel der Weschnitz in der Rheinebene, gegründet und dem Erzbischof Chrodegang von Metz zum persönlichen Besitz übertragen. Dieser besiedelte sie mit Benediktinern aus dem Kloster Gorze bei Metz unter seinem Bruder Gundeland.

764/765 wurde die Nazariusreliquie von Metz nach Lorsch übertragen. Abt Chrodegang von Lorsch hatte von Papst Paul Leiber von heiligen Märtyrern erbeten, um zu deren Ehren von ihm erbaute Klosterkirchen weihen zu können. So brachte Willehar, der Bischof von Sion, am 15. Mai 764 die Reste der Heiligen Nazarius, Nabor und Gorgonius nach Gorze. Nach Jahresfrist ließ er den heiligen Gorgonius in die Kirche von Gorze bringen, den heiligen Nabor in die von St. Avold, während er den heiligen Nazarius für das Kloster Lorsch bestimmte.

772 erhob Frankenkönig Karl der Große Lorsch zum Reichskloster. Lorsch erhielt die Reichsunmittelbarkeit und das Recht der freien Abtwahl. Der Abt wurde Reichsfürst. 773 schenkte Karl der Große dem Kloster die Mark Heppenheim (=der westliche Odenwald). Am 1. September 774 weihte Erzbischof Lullus von Mainz in Anwesenheit Karls des Großen die Nazariusbasilika in Lorsch. Um 810 wurde das Lorscher Evangeliar angefertigt, das Karl der Große der Lorscher Abtei schenkte. 819 schenkte der Gelehrte Einhart dem Kloster die Mark Michelstadt (mit Steinbach). 876 starb König Ludwig II.. Er wurde wie sein Sohn Ludwig III. (der Jüngere, †882), dessen Sohn Hugo (†880), und Kunigunde, die Gemahlin Konrads I., in Lorsch begraben. Damit wurde Kloster Lorsch Grablege der deutschen Karolinger. Am 18. Januar 882 schenkte König Ludwig III. zwei Tage vor seinem Tode dem Kloster Lorsch den Aberinsberg (=Heiligenberg). Auf der nördlichen Kuppe des Heiligenberg wurde 883 die Michaelsbasilika als Filiale von Lorsch gebaut.

Lorsch entwickelte sich rasch von einem kleinen adeligen Eigenkloster zu einem bedeutenden monastischen Zentrum mit reichem Grundbesitz von der Nordsee bis zu den Alpen. Als kultureller Mittelpunkt und als Faktor der Politik im Früh- und Hochmittelalter entfaltete das Kloster seine Wirksamkeit weit über den engeren regionalen Rahmen hinaus.

Am 12. Mai 1012 verlieh König Heinrich II. dem Kloster Lorsch den Wildbann mit den königlichen Rechten über das Gebiet zwischen Bergstraße, Neckar und Itter. Lorsch leitete hiervon Jagd- und Fischerei-Rechte ab. Dadurch fühlte sich die Bischofskirche zu Worms gekränkt. Am 18. August 1012 hob König Heinrich II. die Lorscher Ansprüche auf und übertrug sie an das Bistum Worms. Seitdem stehen sich Lorsch und Worms in unüberbrückbarer Feindschaft gegenüber.

1018-1033 ließ Abt Reginbald von Lorsch die Michaelsbasilika auf dem „Abrahamsberg“ (=Heiligenberg) bei Heidelberg zu einer romanischen Klosteranlage ausbauen. 1053-1057 wurde unter Abt Arnold von Lorsch die Kirche in Handschuhsheim neu erbaut.

1065 schenkte König Heinrich IV. die Abtei Lorsch dem Erzbischof Adalbert von Bremen. 1065/66 ließ Abt Udalrich von Lorsch die Starkenburg bei Heppenheim als Schutzburg gegen Erzbischof Adalbert von Bremen erbauen. Im Januar 1066 scheiterte der Versuch des Erzbischofs, Kloster und Burg gewaltsam wegzunehmen. 1066 war der Reichstag in Trebur, Kloster Lorsch war auf dem Höhepunkt seiner Macht.

21. März 1090 wurde das Kloster Lorsch durch Brand zerstört. Um 1090 ließ Propst Arnold von Lorsch auf der südlichen Kuppe des Heiligenbergs eine dem hl. Stephan und St. Laurentius geweihte Kirche errichten. 1094 ließ Abt Anselm von Lorsch Klausurgebäude zu Ehren der hl. Stephan und Laurentius bauen.

1130 wurde die neue Kirche des Kloster Lorsch geweiht. 1130 gründete Anselm (von Nellingen?) auf einem Bergsporn bei der Mündung des Mausbach in den Neckar in einer alten Burg ein Männerkloster, die "Cella zu Niwenburg" als Propstei von Lorsch. Eine Kirche zu Ehren des hl. Bartholomäus wurde gebaut und 1144 vom Papst anerkannt. 1144 bestätigte die Bulle des Papstes Lucius II. die Stiftung Anselms von 1130 und übertrug die Schirmvogtei dem Mutterkloster Lorsch. 1195 errichtete der Lorscher Abt Sieghard von Schauenburg auf Wunsch des Pfalzgrafen Konrad in der 1130 gegründeten cella Neuburg einen Nonnenkonvent nach der Benediktinerregel.

Um 1167/1190 wurde der Codex Laureshamensis angelegt. Geschrieben auf Pergament im Skriptorium des Klosters Lorsch, werden in den über 3.800 Abschriften von Urkunden (mit einer Laufzeit von 755 bis 1279) mehr als 1.000 Ortschaften erstmals erwähnt. Die Originalurkunden, die zumeist anlässlich einer Schenkung an oder eines Kaufs durch das Kloster erstellt wurden, haben sich in keinem Fall erhalten. Für die historische Topographie sowie die Orts- und Heimatgeschichte ist der Codex somit ein einzigartiges Zeugnis mit hohem Quellenwert. Der Lorscher Codex wird heute im Staatsarchiv Würzburg aufbewahrt.

Der Lorscher Codex gliedert sich in zwei Teile: 1. das Chronicon Laureshamense (Klosterchronik, aufgeschrieben ca. 1170-1175), 2. das Liber traditionum Laureshamensium (Kopialbuch, abgeschrieben ca. 1183-1195).

1229 wurde der letzte Lorscher Abt, Konrad von Lorsch, abgesetzt. 1232 lösten Kaiser Friedrich II. und der Papst die Fürstabtei Lorsch auf. Lorsch verlor seine Selbständigkeit und kam zu Kurmainz. Die Benediktiner wurden vertrieben, Zisterzienser zogen im Kloster ein. 1244/1248 übernahmen Prämonstratenser aus der Propstei Allerheiligen Kloster Lorsch und Tochterklöster. 1247 wurde die Klosterkirche ein zweites Mal durch Brand zerstört. Kurpfalz und Kurmainz schlossen einen Vergleich über das Lorscher Erbe. 1266 wurde die Nazariusreliquie in Lorsch wieder aufgefunden.

Mit dem Ende der benediktinischen Ära und mit den wachsenden Verlusten klösterlichen Grundbesitzes an den Adel begann der Niedergang des Klosters, das 1557 im Zuge der Reformation aufgehoben wurde. 1621 wurden die Gebäude bis auf wenige Reste zerstört und abgetragen.

Das Kloster wurde 1991 in die Liste der Unesco-Weltkulturerbestätten aufgenommen. Die heute noch erhaltene „Königshalle“ gehört deneben der Aachener Pfalzkapelle und den Einhards-Basiliken von Steinbach und Seligenstadt zu den wenigen gut erhaltenen Bauwerken aus der Zeit der Karolinger. Wichtiges Zeugnis ist daneben die ehemalige Klosterbibliothek, die den Grundstock der Bibliotheca Palatina bildete.

http://archivum-laureshamense-digital.de/de/index.html (CL online)


Orte im Lorscher Codex

https://www.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/lorschercodex.cgi (Ortsliste zum Lorscher Codex)

https://www.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/lorschercodex.cgi?person= (Personenliste zum Lorscher Codex)