Heidelberger Geschichtsverein e.V. HGV

www.haidelberg.de

Kohlhänger

Die Kohlhenger, wofür man auch Kölhenger lesen könnte, da der Umlaut in diesem Verzeichnis selten unterschieden wird und das Wort Kohl oft Köhl lautet, wurden von [Josef?] Bader irrig als solche erklärt, die am Abhang des Berges gegen den Kohlhof (eigentlich Busenbrunner Hof) zu wohnten, der aber erst um 1700 durch Ansiedelung von Kohlbauern oder auch von Kohlenbrennern entstand (...). Dagegen habe ich im Neuen Archiv I., S. 12 jene für solche Grundbesitzer genommen, die innerhalb der Stadt oder in der Gemarkung Kohlhäge, d.h. eingehegte Krautgärten oder Gemüsefelder besaßen. Da sie gleich auf den Stadtrat folgen, wie dieser aus den reichsten Familien der Stadt bestanden und deren Patrizier, gleichsam Krautjunker, bildeten, so waren sie wohl meist Eigentümer oder größere Hofmänner, d.h. Erbpächter von Höfen, deren zugehörige Güter (Ackerfelder) außerhalb der Stadt in der Ebene lagen. Eine Art solcher, der Herrschaft, Kirchen, Klöstern u.s.w. zinspflichtiger, von bäuerlichen eingesessenen Kolonen oder Hübnern selbstgebauter Lehn- oder Hofgüter hießen nun in Süddeutschland Kel- oder oder Kölnhöfe (mittellatein. curtis colonaria, colonia = Erblehen oder Hubgut) und deren Inhaber öfters Heger, Hägener (so im Braunschweigischen und Lüneburgischen). Sie „hegten“ nämlich das Hagen-, Hain- oder Hubgericht, das über die Rechtsverhältnisse von Grund und Boden abzuurteilen hatte. Ein solches hatte vielleicht seinen Sitz in dem 1392 zur Stadt gezogenen Dorf Bergheim, dessen Bewohner sich meist in der westlichen Vorstadt ansiedelten, die noch 1588 ein besonderes Gericht von niederer Kompetenz für die Angelegenheiten der alten Bergheimer Dorfmark hatte (vergl. Neues Archiv I., S. 264). So könnte denn der Ausdruck Kohlhenger auch bloß volksetymologische Umgestaltung sein für latein. colonus (italienisch colono = Bauer), colonarius, woher wohl auch das deutsche Wort Keller oder Kellner kommt, im alten Sinn von Hubmeister, herrschaftlichem oder klösterlichem Verwaltungsbeamten in Meier- oder Renthöfen (distributor), nicht bloß von Weinkellermeister oder Vorsteher einer Vorratskammer (lateinisch cellarius). In Speier, wo die Kolhenger, Gärtner und Ackerleute zünftig waren, bestand dafür auch die Form „Kollnhenger“ (vergl. Walter, Mannheimer Siegelsammlung S. 104f.).

aus: Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg und der rheinischen Pfalz im Auftrag des Stadtraths und der Commission für die Geschichte der Stadt hg. von Albert Mays und Karl Christ, Heidelberg, Band III, Heidelberg 1898, S. 219f.

vgl. [Albert Mays, Karl Christ], Einwohnerverzeichnis der Stadt Heidelberg [1588], hg. und erl. von Albert Mays und Karl Christ, in: Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg und der rheinischen Pfalz, Band I Heft 1 (1890), S. 12f.

vgl. Herbert Derwein, Die Flurnamen von Heidelberg. Straßen/Plätze/Feld/Wald. Eine Stadtgeschichte. Heidelberg 1940, S. 52, 81 ("Sie gehörten...zu den reichsten Familien")

siehe auch: Deutsches Rechtswörterbuch

„Kohlhänger, Wortklasse: Maskulinum, Erklärung: in Speyer und Heidelberg vorkommende Bezeichnung eines wohlhabenden, zunftgebundenen Bürgers, der vermutlich Feldfrüchte anbaut. Sprachliche Erläuterung: Etymologie unklar (vgl. die unbefriedigenden Deutungsversuche Badenia 2 (1860) 479; NArchHeidelb. 1 (1890) 12; ebd. 3 (1898) 219 Anm. 4).“