Heidelberger Geschichtsverein e.V. HGV

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Wormser Hof („Englische Haus“, „Harmonie“, Hauptstraße 110)



Wormser Bischofshof, an der Hauptstraße gegenüber der Einmündung der „großen Sandgasse“ (heute Schiffgasse) gelegen

1392 Hof des Bischof Johann V. von Riga (Johannes von Wallenrode, 1393-1418 Erzbischof von Riga)

1442 bis um 1610 Haus des Domprobst von Worms und Kanzler der Universität Heidelberg. Hier stiegen die Bischöfe, Prälaten und Dompröbste von Worms und sonstige Angehörige des Hochstifts ab, wenn sie in Heidelberg waren.

Als erster Domprobst und Kanzler wohnte hier Ludwig von Ast (* um 1400; † 1455), dann Johann von Dalberg (1445-1503), seit 1. Januar 1482 kurpfälzischer Kanzler unter Kurfürst Philipp dem Aufrichtigen, am 2. August 1482 zum Bischof von Worms gewählt. Er empfing dort Konrad Celtis, Johannes Reuchlin, Trithemius und andere humanistische Vaganten, die an der noch eng scholastisch orientierten Universität nicht lehren durften. So lädt er 1484 den ihm von Pavia her befreundeten Rudolf Agricola nach Heidelberg ein, wo dieser in freier Verbindung mit der Universität Reden und Vorträge hält. Johann Dalberg übernimmt auch die Geschäftsleitung der 1491 von dem Dichter Konrad Celtis in Mainz gegründeten Rheinischen Gesellschaft zur Pflege der humanistischen Studien („Sodalitas litteraria Rhenana“). Die Gesellschaft trägt wesentlich zur Festigung der Reputation Heidelbergs als eines der Zentren des Humanismus bei. Sie endete 1517 mit Luthers Kirchenspaltung. Am 31. Januar 1497 findet im Hause Johann von Dalbergs eine Aufführung der lateinischen Komödie Henno von Johannes Reuchlin durch Studenten statt.

Der Erker ist spätgotisch mit Renaissancemotiven (Mitte 16. Jahrhundert). Kurz vor seinem Tode erwirbt Kurfürst Friedrich IV. (†9. September 1610) das Anwesen des Bischof von Worms. Es entsteht das repräsentative Renaissance-Portal, das bei Merian 1620 zu sehen ist (Ein breiter Bogen wird von jeweils zwei Doppelsäulen flankiert, in den Nischen dazwischen stehen kleine Ritterfiguren, im großen Giebel war wohl ein Wappen).

Lord William Craven (1606-1697), britischer Freund der „Winterkönigin“ Elisabeth von Böhmen (Stuart) erwarb 1650 das Haus (oder bekam er es von ihrem Sohn Kurfürst Karl Ludwig geschenkt, der gerade aus dem englischen Exil zurückgekehrt war?) und legte einen Garten an. Seitdem heißt es (zusammen mit dem sich östlich anschließenden Haus des Grafen Barby) das „Englische Haus“. Auf Bitten der Nachbarn, der Kapuziner, soll der Hof 1689/1693 der Zerstörung entgangen sein.

1730/1731 hatte der Pfalzgraf von Sulzbach sein Hoflager hier. Im 18. Jahrhundert gehörte der Komplex den Grafen Wiser (Wieser) aus Leutershausen. 1760-1768 betrieb der französische Handelsmann Josef Costes dort eine Wachs- und Unschlitt-Fabrik.

1810 kaufte der Apotheker Wilhelm Mai das Haus, 1814 verkaufte er den ganzen Komplex Hauptstraße 108-114 an den Apotheker Ph. L. Geiger. Dieser verkaufte 1836 das Haus Hauptstraße 110 an Dr. Ruth. Dieser wiederum verkaufte 1840 Hauptstraße 110 an die Harmonie-Gesellschaft. Seitdem wird es die „Harmonie“ genannt.

Literatur:

Archiv für die Geschichte der Stadt. Eine Vierteljahresschrift, hg. von Hermann Wirth 1/1870, S. 32