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Der Stollen im Schloßberg

1. Der historische Stollen im Heidelberger Schloßberg geht mindestens auf das 17. Jahrhundert, wenn nicht aufs Mittelalter zurück. Er war offenbar Teil einer Verteidigungsanlage, Verbindungsweg zwischen dem Gebäude, heute Schlossberg 2, und der Befestigungsanlage um das Keltertor (1877 zerstört).

2. Am Fuß des Schlossberges stand seit dem 14. Jh. ein Adelssitz, eine kleine Unterburg, die den Aufgang zum Schloss sicherte. Ab 1357 saßen auf dieser Unterburg die Grafen von Leiningen, ab 1584 die Familie von Affenstein (1). Zur Zeit des Merianstichs waren die Affensteins aber bereits ausgestorben.

3. Zwischen 1680 und 1685 errichtete der militärfreundliche Kurfürst Karl II. anstelle des Affensteins die Kaserne, die – 1693 abgebrannt, dann wieder aufgebaut – heute noch steht. Der ältere Stollen endet genau unter der Mitte der Kaserne und scheint mit deren Keller in Verbindung gestanden zu haben. Dieser jetzt vermauerte Keller geht sicherlich aufs Mittelalter zurück.

4. 1944 wurde dieser Stollen als Eingang für eine Luftschutzanlage benutzt. 1944 (2) sprengten französische und belgische Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene in den Felsen ein System von drei Längsstollen mit kürzeren Querverbindungen und insgesamt drei Ausgängen zum Schlossberg (3). Nach Augenzeugenberichten ist der Keller verschiedentlich von den Altstädtern bei Luftangriffen aufgesucht worden. Die Anlage ist vermutlich nicht fertig geworden; der Stollenansatz nach rechts sollte wohl zum jüdischen Friedhof führen, wo sich ebenfalls eine Luftschutzanlage befand. Leider gibt es weder eine bauliche noch eine archivalische Untersuchung über den Schlossbergbunker.

5. Nach dem Krieg wurde das Stollensystem zeitweise zur Champignonzucht verwendet, weswegen sie auch als Champignonkeller bekannt ist. Seit den 60er Jahren bis zur Gegenwart gibt es Pläne, die Anlage zu verkehrlichen Zwecken zu zerstören. Gegenwärtig denken die Befürworter eines weiteren Königstuhltunnels daran, diesen hier mit einer abzweigenden Verbindung zur Friedrich-Ebert-Anlage zu versehen.

Anmerkungen:

1. Herbert Derwein: Die Flurnamen von Heidelberg, Heidelberg 1940, S. 104

2. Haushaltsplan der Stadt Heidelberg 1944

3. Die Zwangsarbeiter waren in der heutigen Landhausschule untergebracht. (Harald Gilbert: Zwangsarbeit in Heidelberg, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein, 1, 1996, S. 214)

(Text von Hans-Martin Mumm, 9/2001)