Heidelberger Geschichtsverein e.V.

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Martin Heidegger 1933

Raymond Klibansky über Professor Martin Heideggers Rede in der Universität Heidelberg am 30. Juni 1933 über „Die Universität im Geiste des Nationalsozialismus“

Das ist eben die große Tragödie. Daß deutsche Intellektuelle, geistige Menschen, nicht nur Hitler verfielen, sondern dessen Sprachrohr wurden. Und der traurigste Fall war der Heideggers. Heidegger kam nach Heidelberg im Juni 1933 und sprach über Hitler und den Nationalsozialismus. Und diese Rede muß man kennen. Sie wurde abgedruckt in den Heidelberger Neuesten Nachrichten. Das ist eine Quelle, die unvergessen bleiben soll, wie hier die deutsche Jugend auf Hitler verpflichtet wird, und zwar auch im Namen von Heideggers Philosophie, im Namen des Seins.

Es ist zum erstenmal in der Geschichte der Philosophie, daß der Begriff des Seins in dieser Weise prostituiert wurde. Die Geschichte der Philosophie ist voll seit Platons und Aristoteles' Zeiten über die Bedeutung des Seins. Es gibt viele verschiedene Erklärungen zu der Frage: "Was ist das Sein?" Zum erstenmal in der Geschichte ist hier das Sein mit dem Willen eines Menschen gleichgesetzt. "Der Wille des Führers verkörpert das Sein." Und das scheute Heidegger sich nicht zu sagen. Das darf man nicht vergessen. Und die jungen Menschen wurden dann verpflichtet bei jener großen Versammlung in Freiburg, einen Eid auf Hitler zu leisten. Das verlangte Heidegger. Und das darf man nicht vergessen, wie da die deutsche Philosophie dem Nationalsozialismus nicht nur Vorschub geleistet hat, sondern sich als dessen Grundlage bezeichnete. Und man sah auch, wie viele Universitätslehrer sich dem beugten. Das beste Beispiel in Heidelberg ist Heinrich Rickert.

Raymond Klibansky im Gespräch mit Michael Buselmeier, 15. Mai 1994, aus: [Michael Buselmeier], Erlebte Geschichte erzählt 1994-1997. Michael Buselmeier im Gespräch mit (...). Hg. von der Stadt Heidelberg. Heidelberg 2000, S. 26