Heidelberger Geschichtsverein e.V. HGV

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Ginkgo

Gingo Biloba

Dieses Baums Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Giebt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut,
Ist es Ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Daß man sie als Eines kennt?
Solche Frage zu erwiedern,
Fand ich wohl den rechten Sinn,
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Daß ich Eins und doppelt bin?

Ginkgo biloba L. (Familie: Ginkgoaceae) Der Ginkgo ist eine als „lebendes Fossil“ bekannte Baumart. Es ist der einzige noch existierende (rezente) Vertreter der Ginkgophyta, einer „ausgestorbenen“ Abteilung der Samenpflanzen (Spermatophyta). Obwohl der Ginkgo Laubbäumen aus der Gruppe der Bedecktsamer ähnlich sieht, gehört er wie die heutigen Nadelbäume zu den Nacktsamern (Gymnospermae). Der Name leitet sich von jap. Ginkyō („Silberne Aprikose“) ab. Der Baum stammt aus Ostasien, wo er auch wegen seiner Samen oder als Tempelbaum kultiviert wird. Er wurde von holländischen Seefahrern aus Japan nach Europa gebracht und wird hier seit 1730 n. Chr. als Zierbaum gepflanzt.

Gingo biloba ist ein Gedicht über das geteilte Blatt eines Ginkgo-Baumes, das Johann Wolfgang von Goethe im September 1815 schrieb und 1819 in seiner Sammlung West-östlicher Diwan veröffentlichte. Die Schreibung „Gingo“ wählte Goethe in der Erstfassung angeblich, um dem Titel den harten Konsonanten „k“ wegzunehmen. Das Gedicht ist Goethes später Liebe, Marianne von Willemer, gewidmet und stellt das Ginkgoblatt aufgrund seiner Form als Sinnbild der Freundschaft dar. Marianne von Willemer war die dritte Ehefrau seines Frankfurter Freundes, des Bankiers Johann Jakob von Willemer, und mehr als zwanzig Jahre jünger als er selbst. Ein Gingkoblatt sandte er als Ausdruck seiner Zuneigung an Marianne.

Es ist überliefert, daß Goethe die Blätter des Ginkgo betrachtete und über deren Form sinnierte. Der mit Goethe befreundete Kunstsammler und Schriftsteller Sulpiz Boisserée erwähnt in einer Tagebucheintragung die Entstehungsgeschichte des Gedichtes: „Heitrer Abend. G. hatte der Wilemer ein Blatt der Ginkho (sic) biloba als Sinnbild der Freundschaft geschikt aus der Stadt. Man weiß nicht ob es eins das sich in 2 theilt, oder zwey die sich in eins verbinden. So war der Inhalt des Verses.“ 1815 sendet Goethe das Gedicht Professor Georg Friedrich Creuzer zu mit der Bemerkung „Zur Erinnerung glücklicher Septembertage 1815“. - Der Sinologe Günther Debon lokalisierte das Ginkgo-Gedicht Goethes, das lange Zeit in Frankfurt angesiedelt war, auf der Stückterrasse des Heidelberger Schlosses. Goethes Ginkgo soll unmittelbar gegenüber der Goethe-Gedenktafel gestanden haben. Keiner der Autoren, die zur Goethezeit über Heidelberg schrieben, weiß etwas von einem Gingkobaum auf dem Schloß.

Literatur:

Karl Christ, Anmerkungen zu Goethes Besuch auf dem Heidelberger Schloß, in: Alt-Heidelberg, Wochenbeilage zum Heidelberger Tageblatt, Nr. 6, 26. März 1921, S. 4

Günther Debon, Der Weingott und die Blaue Blume. Dichter zu Gast in Heidelberg. Heidelberg 1995 - Rezension: http://www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/hd/literatur/debon.htm

Günther Debon, Fragmente zur Heidelberger Romantik. Ubstadt-Weiher 2006 – Rezension: RNZ, 4. 11. 2006 und 27. 2. 2006 – Rezension: Hans-Martin Mumm, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein, Nr. 11 (2006/2007), S. 243ff.

http://de.wikipedia.org/wiki/Gingo_biloba (Goethe-Gedicht)

http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Goethe_Ginkgo_Biloba.jpg (Bild Goethe Brief Blatt)

http://de.wikipedia.org/wiki/Ginkgo (Baum, Wikipedia)