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Heidelberger Geschichtsverein e.V.


`S war Herbst, und wie auch mild und lau der Föhn
Durchsäuselte die mächt'gen Waldeshöhn,
Schon sank so manches Blatt vom Bäume.
Der Scheidende stieg rasch zum Schloß empor,
Dort träumt' er einst den kurzen Liebesflor,
Dort nimmt er Abschied jetzt vom Traume.
Lebt wohl, ihr Steige, süß im Laub versteckt,
Ihr grauen Mauern, teppichgrün bedeckt!
Ihr heimlich düstren Treppengänge!
Und du, Terrasse. - In der lauen Nacht
Lag alles unter ihm in dunkler Pracht,
Die Stadt, der Strom, die Waldeshänge.
Und vom Gebirg zu mir herüber drang
Des Waldes Duft und ferner Hörnerklang
Und aus dem Tal des Flusses Rauschen -
Und aus den Gärten klang es leis empor,
Die alten Lieder drangen an sein Ohr -
Noch einmal mußt' er steh'n und lauschen.
Da stieg der Mond herauf, und riesengroß
An die gigantischen Trümmerwände goß
Sich alter Türme vielgebrochener Schatten.
Die Bäume wogten in dem bleichen Schein,
Und wie mit Geisterdrange zog's hinein
Ins Tor der Burg den Lebensmatten.

JAKOB BURCKHARDT 1843