Heidelberger Geschichtsverein
Ian Gruter (Ian de Gruytere, Janus Gruterus)
*3. Dezember 1560 Antwerpen
†10./20. September 1627 Bierhelderhof (?) (in der Peterskirche begraben)
niederländischer Historiker, Bibliothekar (reformiert)
Vater: Wouter de Gruytere (†1588 Danzig), Bürgermeister in Antwerpen, Kaufmann, Schöffe. Als Mitglied des „Geusen Bundes“ mit seiner Frau geächtet, floh nach England, später nach Danzig.
Mutter: Catharina Tishem (Thysmayer) (†1595) aus Norwich/England
1577: stud. Jura in Cambridge, danach in Leiden, wo er zum Magister artium graduiert
1584: Promotion zum Dr. iur.
1586?: zum Professor für Geschichte an der Universität Wittenberg ernannt. Als er sich weigert, die formula concordiae zu unterschreiben, verliert er die Stelle.
1589?-1592: Professor für Geschichte in Rostock
1591: „Suspicionum libri IX“
25. Juli 1592: 1. Ehe mit Johanna de Smet (Smetia) (1570-1594), Tochter von >Heinrich Smetius
1593: Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz beruft ihn als Professor für Geschichte an die Universität Heidelberg, er lehrt hier römische Geschichte
10. März 1594: Geburt der Tochter Johanna Katharina (†1635 Frankenthal, verh. mit dem „Schultheiß“ Oswald Smend (Schmend), (1583-1635) Sohn von Christian Schmend) http://www.zeitlebenszeiten.de/html/oswald_smend.html
10. März 1594: Johanna de Smet (Johanna Smetia) stirbt in Heidelberg
1595: 2. Ehe mit Anna Kimedoncius (Tochter von Jacob Kimedoncius und Naris Akermans) (†1599). Tochter: Agnes Sibylla
10. Mai 1601: 3. Ehe mit Katharina Stöckle (aus Speyer, 1583-1607, Tochter von Johann Stöckle und Ottilia zum Lamb). Anton Praetorius widmet ihm ein Epithalamium (Hochzeitsgedicht, „Clarissimo juris utriusque Doctori Domino Jano Grutero Sponso“)
1602: Bibliothekar der Universität Heidelberg (Nachfolger von Paulus Melissus Schede), wird letzter Bibliothekar der Bibliotheca Palatina
1612: 4. Ehe mit van den Corput
1622: Maximilian I., Herzog von Bayern, vermacht die geraubte Bibliotheca Palatina als Geschenk an Papst Gregor XV.
4./15. Februar 1623: Leone Allacci läßt die Bücher der Bibliotheca Palatina mit einer Karawane von 200 Maultieren über München nach Rom abtransportieren. Neben der Bibliothek in der Heiliggeistkirche gelingt es ihm, auch an die Bestände auf dem Schloß (Privatbibliothek der Pfälzer Kurfürsten), an Bücher der Universität und an den privaten Bücherbesitz des letzten Bibliothekars der Palatina, Ian Gruter, zu gelangen (insgesamt ca. 3550 Handschriften und 5960 Drucke).
Gruter flüchtet von Heidelberg nach Bretten, dann nach Tübingen, zurück nach Bretten zu seinem Schwiegersohn Oswald Smend, kehrt nach Heidelberg zurück
1627: Gruter stirbt bei einem Besuch des Schwiegersohns Oswald Smend in dessen Landhaus „Berhelden auf dem Capellenberg“ "in villam Berheldam" (?)
"Der Bierhelder Hof gehörte ehemals dem Oswald Schwend (sic), welcher der Tochtermann des großen pfälzischen Litterators, Janus Gruterus war. Letzterer brachte auch die letzten Tage seines Lebens darauf zu, und starb daselbst den 20. Okt. 1627." (Friedrich Peter Wundt (Hg.), Topographische Pfältzische Bibliothek, Oder systematisches Verzeichniß der bisherigen Pfältzischen topographischen Schriften mit einigen dazu gehörigen kritischen und litterarischen Bemerkungen. Speyer 1785-1803)
Hauptwerke:
Inscriptiones antiquae totius orbis Romani (2 vol., Heidelberg, 1603)
Lampas, sive fax artium liberalium (7 vol., Frankfurt, 1602-1634)
Portrait von Crispijn de Passe dem Älteren, 1608
https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_O-6-128
Literatur:
Conrad Bursian, Gruter, Jan. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 10. Leipzig 1879, S. 68-71.
Ersch, Gruber: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste T. 95 S. 356
Friedrich Hermann Flayden, Vita, mors et opera maximi virorum Jani Gruteri. Tübingen 1628
Leonard Forster, Janus Gruter’s English years. Studies in the continuity of Dutch literature in exile in Elizabethan England. (= Publications of the Sir Thomas Browne Institute / Special series; 3). Leiden 1967
Walter Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg. Halle (Saale) 1917
Peter Fuchs, Gruter, Jan. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7. Berlin 1966, S. 238-240
Gruterus, Janus. In: Zedlers Universal-Lexicon. Band 11. Leipzig 1735, Spalte 1150 f.
Heinz Kathe, Die Wittenberger Philosophische Fakultät 1501-1817. Köln 2002
Jörg Kreutz, Wilhelm Kreutz und Hermann Wiegand (Hg.), Die Kurpfalz im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Beiträge des Ladenburger Kolloquiums vom 22. und 23. November 2018. Herausgegeben von Jörg Kreutz, Wilhelm Kreutz und Hermann Wiegand. (Buchreihe "Rhein-Neckar-Kreis. Bausteine zur Kreisgeschichte"). (Eigenverlag Rhein-Neckar-Kreis) Heidelberg 2020
Wilhelm Kühlmann, Janus Gruter. In: Die deutschen Humanisten. Abt. 1. Die Kurpfalz. Band 1,2. Turnhout 2005, S. 532-1222
[Wilhelm Kühlmann], Vermittlungen humanistischer Gelehrter im 16. und 17. Jahrhundert. 100 Jahre Akademie der Wissenschaften, in: RNZ, 12. 1. 2010
Wolfgang Metzger, Die Bibliothek Ottheinrichs und der Humanismus in der Pfalz
Wolfgang Metzger, Ein recht fürstliches Geschäft. Die Bibliothek Ottheinrichs von der Pfalz, in: Pfalzgraf Ottheinrich. Politik, Kunst und Wissenschaft im 16. Jahrhundert, hg. von der Stadt Neuburg/Donau. Regensburg 2002, S. 275ff.
Wolfgang von Moers-Messmer, Heidelberg und seine Kurfürsten. Die große Zeit der Geschichte Heidelbergs als Haupt- und Residenzstadt der Kurpfalz. (Verlag Regionalkultur) Ubstadt-Weiher 2001, S. 246ff.
Renate Neumüllers-Klauser (Bearb.), Die Inschriften der Stadt und des Landkreises Heidelberg. (Die deutschen Inschriften, 12. Heidelberger Reihe, 4, Stuttgart 1970, Nr. 587
Gottfried Smend, Jan Gruter. Sein Leben und Wirken. Ein Niederländer auf deutschen Hochschulen, letzter Bibliothekar der alten Palatina zu Heidelberg. Bonn 1939
http://www.zeitlebenszeiten.de/html/de_gruytere.html
http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/philo/galerie/neuzeit/gruter.htm
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/gruter1616
http://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Gruter
(siehe auch Joannes Georgius Graevius; Martin Opitz, Henricus Smetius, Georg Michael Lingelsheim)