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Friedrich Wilhelm Hans Kurt Schilling
* 2. September 1914 Apolda (Thüringen)
† 6. Juni 1971 Heidelberg
Glockengießer
Großvater: Franz Schilling
Vater: Otto Schilling
Onkel: Franz Schilling
älterer Bruder: Otto Schilling (verläßt 1934 Deutschland, lehrt Mathematik in Cambridge, dann in USA)
entstammt der in Apolda (Thüringen) ansässigen Glockengießer-Familie Schilling
ergänzt seine Ausbildung bei der Firma H. Rüetschi in Aarau und schließt sie 1933 in der Glockengiesserei Egger in Staad (Kt. St. Gallen) ab
1945: nach dem Zweiten Weltkrieg Kustos des Glockensammellagers Hamburg und wie sein Onkel Franz in Apolda bei der Rückführung der Glocken tätig. Sorgt für die Rückführung von mehr als 13.000 Glocken, die im Hamburger Freihafen lagern und vom Einschmelzen verschont geblieben sind.
1949: zieht nach Heidelberg-Bergheim, um sich – da die Apoldaer Glockengießerei noch von seinem Vater Otto Schilling und seinem Onkel Franz Schilling geführt wird – eine eigene Existenz zu gründen. Bekanntschaft mit dem Heidelberger Architekten und Stadtrat Erhard Fehrer.
"Dort begann er mit lediglich einem eingeschossigen Steinbau, zwei Scheunen sowie einem mit Schrott gefüllten Schuppen und schuf in wenigen Jahren ein Unternehmen von Weltruf. Da es sich in Heidelberg um einen vollständigen Neubeginn handelte, zudem mit Arbeitskräften, die zuvor weder in einer Formerei noch in einer Gießerei tätig gewesen waren, erschienen die Schwierigkeiten in der ersten Zeit enorm. Doch Friedrich Wilhelm Schilling überwand diese Zeit schnell..." (Wikipedia)
1953: Guß des elfstimmigen Geläuts von St. Lorenz in Nürnberg
Nahezu 8000 Glocken gehen aus der Heidelberger Gießerei in alle Welt. Der Betrieb liefert unter anderem die Glocken für die Providenz-Kirche, die Jesuiten-Kirche und St. Bonifatius in Heidelberg, sowie für zahlreiche andere Kirchen in ganz Deutschland und darüber hinaus. Eine Glocke von Friedrich Wilhelm Schilling für die Marktkirche in Hannover zählt mit einem Gewicht von über 10 Tonnen zu den größten Deutschlands. Besonderen Ruf erwirbt sich Schilling durch seine Carillons, unter anderem in Bonn, Hannover, Kassel, Frankfurt am Main und im Heidelberger Rathaus und seine Glockenspiele unter anderem im Alten Rathaus von Mannheim und im Frankfurter „Römer“.
Nach Schillings Tod wird die Gießerei, gegen seinen erklärten Wunsch, als Glockengießerei Heidelberg unter Karl Stumpf weitergeführt.
1982: die Firma fusioniert mit der Glockengießerei Bachert aus Karlsruhe zur Karlsruher Glocken- und Kunstgießerei. Die Produktion in Heidelberg wird eingestellt und nach Karlsruhe verlegt.
Nach der Einstellung liegt das Firmengelände in der Alten Bergheimer Straße 7-9 viele Jahre brach.
Februar 1991 bis 31. Januar 1999: die Stadt Heidelberg vermietet die Räume der ehemaligen Druckerei Alte Bergheimer Straße 7 ("A-Z-Werbung Günter Weber") an den Verein Gegendruck e. V., Träger des „Autonomen Zentrum“.
Anfang der 2000er Jahre wird das Gelände mit Wohnungen neu bebaut. Als Erinnerung an die frühere Nutzung wird 2001 vor Ort eine letzte Glocke gegossen, das Quartier erhält den Namen „Alte Glockengießerei“ und in den Innenhöfen der Quartiere werden symbolisch Blauglockenbäume gepflanzt.
Literatur:
Hans-Martin Mumm, Alte Glockengießereien in Heidelberg. Friedrich Wilhelm Schilling und die Erneuerung diese Kunst im 20. Jahrhundert, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein, Nr. 29/2025, S. 175-188
Hans Rolli, Glockengießer-Tradition in Heidelberg, in: Badische Heimat, 43. Jg. 1963, H. 1-2 Sonderheft Heidelberg, S. 75-91
Dieter Schmidt, Friedrich Wilhelm Schilling. Leben und Werk. Nürnberg 1992
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_Schilling (dort auch Liste der Glocken)