Heidelberger Geschichtsverein e.V.

www.haidelberg.de

Josef Süß Oppenheimer (Joseph Ben Issachar Süßkind Oppenheimer)

*Februar/März 1698 Heidelberg

†4. Februar 1738 Stuttgart (hingerichtet)

Kaufmann, Finanzmakler, Geheimer Finanzrat

Vater: Issachar Süßkind Oppenheimer (+1707, aus Heidelberg)

Mutter: Michal (Michele) Chasan (aus Frankfurt)



1699: sein Vater Issachar Süßkind Oppenheimer kauft ein Grundstück in der Ingramgasse (heute: Ingrimstraße) und baut dort ein Haus, heute Nr. 8 (?). Hier zieht sein Sohn Joseph Ben Issachar Süßkind Oppenheimer im Alter von ein oder zwei Jahren ein und behält das ererbte Haus bis zu seiner Hinrichtung. (Das Haus steht noch, das Erdgeschoß ist klassizistisch verändert).

Joseph Süß wächst im Haus Ingrimstraße 8 (?) auf (besitzt später auch Nr. 6 und 10)

1707: Tod des Vaters. Joseph kommt unter Vorherrschaft eines Onkels.

1716: Freiherr Lothar Friedrich von Hundheim (1668-1723) vertritt den schwer erkrankten Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz als Pate bei der Taufe eines Mitglieds der Familie Süss-Oppenheimer aus Heidelberg auf den Taufnamen „Johann Wilhelm“ in der Düsseldorfer Schlosskapelle


1722/24: Süß zieht nach Mannheim, arbeitet als Privatbankier


1723-29: Süß tritt in den Dienst des Kurfürsten Karl Philipp und übernimmt die Pacht über das Stempelpapier (Stempelpapiersteuer)


1732: Süß tritt in den Dienst des Landgrafen Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt


14. November 1732: Süß wird zum „Hof- und Kriegsfactor“ des (katholischen) Prinzen Carl Alexander von Württemberg-Winnental (1684-1737, Gouverneur der Militärprovinz Belgrad, Statthalter von Serbien, Vetter des regierenden Herzogs, von 1733 bis 1737 regierender Herzog von Württemberg) ernannt. Von da an wirkt Süß auch als Privatbankier Carl Alexanders.

Mai 1733: Süß siedelt nach Frankfurt über, nennt sich „Hessen-Darmstädtischer und herzoglich württembergischer Hof- und Kriegsfaktor“


31. Oktober 1733: Tod des Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg (*1676)

16. Dezember 1733: Carl Alexander von Württemberg zieht als erster katholischer Herzog in das evangelische Stuttgart ein. Süß führt als Agent in Frankfurt Verhandlungen über die Abfindung von Eberhard Ludwigs Lebensgefährtin, Friederike Wilhelmine Christine Gräfin von Würben geb. von Grävenitz. Süß macht sich dem Herzog Carl Alexander unentbehrlich als Wirtschafts- und Finanzfachmann. In Württemberg führt er eine merkantilistische Wirtschaftsordnung ein.

9. Januar 1734: Süß wird württembergischer „Resident“ in Frankfurt

Juni 1736: Süß bekommt vom Herzog ein Haus in Ludwigsburg zur Verfügung gestellt, in das er zwangsweise einziehen muß, später ein Haus in Stuttgart. Er bekommt den Titel „Geheimer Finanzienrat“.


11. Februar 1737: Süß bittet den Herzog um seine Entlassung


12. März 1737: Herzog Carl Alexander stirbt. Noch in derselben Nacht wird der Geheime Rat Süß festgenommen und nach Stuttgart gebracht. In Württemberg beginnt eine "konservative Revolte" gegen die Finanz- und Wirtschaftspolitik Carl Alexanders. Die evangelisch-pietistisch geprägten Landstände pochen vorwiegend auf alte Rechte, setzen sich durch und bringen Süß schließlich an den Galgen.

28. März 1737: Verhör auf dem Hohenneuffen

30. Januar 1738: Süß wird zum Tod verurteilt


4. Februar 1738: mindestens 12.000 Menschen beobachten die Hinrichtung. Ein Rabbiner wird dem Todeskandidaten bis zum Schluß verweigert; statt dessen ruft ein pietistischer Vikar Süß zu: "Du wirst in wenigen Augenblicken sehen... Jesus lebt!"



1827: Wilhelm Hauff veröffentlicht seine Novelle „Jud Süß“, die zwar die Trennung von Juden und Nichtjuden befürwortet, aber die Ungerechtigkeit des Urteils anprangert

1925: Lion Feuchtwangers Roman „Jud Süß“ wird ein Welterfolg. Darin zeichnet er das Bild eines zwischen Assimilation und Emanzipation hin- und hergerissenen jüdischen Intellektuellen.

1934: In Anlehnung an diesem Roman erscheint die erste Verfilmung von Jud Süß in England. „Jew Suess“, unter der Regie von Lothar Mendes mit Conrad Veidt in der Titelrolle. Er ist als Warnung der Weltöffentlichkeit vor dem deutschen Antisemitismus gedacht, gerät jedoch bald in Vergessenheit.

1940: Veit Harlan dreht den antisemitischen Film „Jud Süß“.

23. März 2002: Premiere der Oper „Joseph Süss“ von Detlev Glanert (uraufgeführt in Bremen 1999) in der Städtischen Bühne Heidelberg - Eröffnung der Ausstellung „Joseph Süß Oppenheimer“ (in Zusammenarbeit des Heidelberger Geschichtsvereins mit dem Stadttheater und dem Kulturamt der Stadt Heidelberg)

18. Juni-31. Juli 2006: „Jud Süss“. Geschichte(n) einer Figur (Ausstellung in der St. Jacobikirche Göttingen)

5. Juni-31. Juli 2009: Beschlagnahmte Briefschaften. Der Kriminalprozeß gegen Joseph Süß Oppenheimer 1737-1738 (Wanderausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Ort: Wertheim-Bronnbach)



Literatur:

A. Cser, Zwischen Stadtverfassung und absolutistischem Herrschaftsanspruch (1650 bis zum Ende der Kurpfalz 1802). In: P. Blum (Hrsg.), Geschichte der Juden in Heidelberg. Heidelberg 1996, S. 80f. (Schicksal der Mutter Michal Chasan)

Gudrun Emberger, Robert Kretschmar (Hg.), Die Quellen sprechen lassen. Der Kriminalprozess gegen Joseph Süß Oppenheimer 1737/38. Stuttgart 2009


Volker Gallé (Hg.), Joseph Süss Oppenheimer – Ein Justizmord. Historische Studien zur Situation der Juden im Südwesten und der Hofjuden im 18. Jahrhundert. Worms 2010


Wolfgang Geiger, Schulden und Schuld. Zur Aktualität des Joseph Süß Oppenheimer, später genannt ‚Jud Süß‘, in: ders.: Zwischen Urteil und Vorurteil. Jüdische und deutsche Geschichte in der kollektiven Erinnerung. Frankfurt a.M. (Humanities Online), S. 119-163


Barbara Gerber, Jud Süß. Hamburg 1990

Norbert Giovannini, Stefan Kopf, Hans-Martin Mumm, Joseph Süß. Geboren in Heidelberg, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein, VII (2002), S. 295-305

Hellmut G. Haasis, Joseph Süß Oppenheimers Rache. Erzählung, Biographischer Essay, Dokumente aus der Haft und dem Prozeß. Mit Illustrationen von Jona Mach und historischen Stichen. Blieskastel 1994

Hellmut G. Haasis, Joseph Süß Oppenheimer, genannt Jud Süß. Finanzier, Freidenker, Justizopfer. Reinbeck 1998

http://www.luise-berlin.de/Lesezei/blz98_09/text23.htm (Rezension von Siegfried Wollgast)


Hellmut G. Hassis; Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer. Mit dem hebräischen Gedenkblatt von Salomon Schächter, übersetzt von Yair Mintzker, Worms 2012


Dorothea Hollstein; "Jud Süss" und die Deutschen. Antisemitische Vorurteile im nationalsozialistischen Spielfilm. Fischer Taschenbuch, Frankfurt/Main 1983

Jörg Koch; Joseph Süß Oppenheimer, genannt „Jud Süß“. Seine Geschichte in Literatur, Film und Theater. Darmstadt 2011


Alexander Przyrembel, Jörg Schönert (Hg.), Jud Süss: Hofjude, literarische Figur, antisemitisches Zerrbild. Frankfurt 2006

Selma Stern, Jud Süss. Ein Beitrag zur deutschen und zur jüdischen Geschichte. Berlin: Akademie-Verlag, 1929 (Veröffentlichungen der Akademie für die Wissenschaft des Judentums, Historische Sektion ; 6) ((WS/NY 9188 S839))


Selma Stern, Jud Süss. Ein Beitrag zur deutschen und zur jüdischen Geschichte. München (G. Müller) 1973



Links:

http://www.lgd.de/projekt/judentum/josephsuess.htm (Joseph Süß Oppenheimer (Stefan Frenzel))

http://www.jud-suess.de/ (Joseph Süß Oppenheimer in der Geschichte (Shoah.de))

http://www.hagalil.com/archiv/99/03/suess.htm (Joseph Süß Oppenheimer vor 300 Jahren geboren (Hagalil.com))

http://www.fritzgross.de/suess/suessreg.html (Joseph Süß Oppenheimer. Bilder aus der Inszenierung der Oper von Glanert)

http://www.operone.de/opern/josephsuess.htm (Joseph Süß Oppenheimer. Inhalt der Oper von Glanert)

http://www2.tagesspiegel.de/archiv/1999/10/19/ak-ku-bu-4302.html („Jud Süss“ als Oper. Uraufführung am Theater Bremen. Besprechung im „Tagesspiegel“, 22. 10. 1999)

http://www.fritzgross.de/judsuess.html (Joseph Süß Oppenheimer. Hintergrundmaterial zur Oper von Glanert)

http://www.movida-kultur.de/programm/judsuess.htm (Vorführung des Filmes „Jud Süß“ in Sindelfingen)

http://members.aol.com/Parysia/CVSNews22.html (Conrad Veidt Society Newsletter)

http://www.conradveidt.de/Kurzbio.htm (Conrad Veidt Kurzbio)

https://www.juedischegeschichte.de/html/joseph_suess.html (W. Geiger, AG Deutsch-Jüdische Geschichte im Verband der Geschichtslehrerinnen und -lehrer Deutschlands: Joseph Süß Oppenheimer, später genannt “Jud Süß”. 2013)