Heidelberger Geschichtsverein e.V.

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Ossip Emilevič Mandelštam

*3.jul/15.greg Januar 1891 Warschau

27. Dezember 1938 Lager Vtoraya Rečka bei Wladiwostok

russischer Dichter

Kindheit in Pawlowsk und Petersburg

Vater: Emil Mandelštam, Kaufmann in Petersburg



1907/08: Paris, hört Vorlesungen an der Sorbonne und am Collège de France

WS 1909/10: stud. Philologie (Altfranzösische Sprache und Literatur) in Heidelberg (am 1. November 1909 eingeschrieben. Wohnt in der Pension Continental, Leopoldstraße 30). Hört bei Fritz Neumann, Henry Thode, Wilhelm Braune.

1911: christliche Taufe in Vyborg (Viipuri, Karelien)

1922: Heirat mit Nadešda Chasina (1899-1980) in Kiev

1933: Epigramm gegen Stalin ("Seelenverderber und Bauernschlächter")

13. Mai 1934: Verhaftung in Moskau, Verbannung nach Woronesch (Woroneschskaja Oblast)

1937: Moskau, Kalinin

2. Mai 1938: Verhaftung in Samaticha (Moskowskaja Oblast, Schaturskij Rajon)

Verurteilt zu 5 Jahren Zwangsarbeit wegen konterrevolutionärer Tätigkeit



Veröffentlichungen:

Nicht ein Wort ist zu verlieren (1909, Gedicht)



Zitat:

O unseres Lebens ärmlicher Grund,
wie arm ist doch die Sprache der Freude!
Es gab schon alles in allen Zeiten, alles wird sich nochmals wiederholen,
und nur der Augenblick des Erkennens ist für uns süß.“

(Tristia, 1918)



Poesie ist der Pflug,
der die Zeit umkehrt.

Ossip Mandelstam
Während seines Studienaufenthalts
1909-10 wohnte der russische Dichter
Ossip Mandelstam in diesem Haus.
Geboren 15. Januar 1891 in Warschau
gestorben 1938-39? in unbekanntem
Lager in der UdSSR.

(Gedenktafel an der Friedrich-Ebert-Anlage 30, 1993)



Über Mandelštam:

"Eine Fläche Wasser säubert die Waffe, die der Poet der Welt hinterließ. / Dem Herz der Nadeschda sind Worte entnommen, die kein Schnee erinnern kann. / (...) Er schaut all die Schädel; Seidenblumen sind die Intarsien. / Sie hängen an den Haken eigens erkorener Tage. Auch abgeschnitten / sind sie noch süß in ihrer Süße. Unter fahlem Lampenschirm / lebt er. Da hat der Poet zu erlernen den Stand steigenden Wassers, / den wir abhören. So viele dunkle Nächte, so viele 1937. / Woronesch, ein Ort wie der Klang eines Apfels, der rot gefror. / Der Schnee ist ein Leichensammler, er rezitiert Buchstabe für Buchstabe / die Verse der Toten, so aufrecht in den Kehlen. " (Yang Lian, Die Sage von der Pfefferminze)



Literatur:

Willy Birkenmaier, Das russische Heidelberg. Zur Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen im 19. Jahrhundert. Heidelberg 1995, S. 155ff. et passim

Nadešda Mandelštam, Das Jahrhundert der Wölfe (Biographie, 1970)

Gerd Koenen, Die großen Gesänge. Lenin, Stalin, Mao Tse-tung. Führerkulte und Heldenmythen des 20. Jahrhunderts. Frankfurt/Main 1991, S. 141ff.

Ralph Dutli, „Als riefe man mich bei meinem Namen“. Dialog mit Frankreich. Ein Essay über Dichtung und Kultur. Zürich 1985 (zugleich: Zürich, Universität, Dissertation, 1985).

Ralph Dutli, Ein Fest mit Mandelštam. Über Kaviar, Brot und Poesie. Ein Essay zum 100. Geburtstag. Zürich 1991

Ralph Dutli, Europas zarte Hände. Essays über Ossip Mandelstam. Zürich 1995

Ralph Dutli, Meine Zeit, mein Tier. Ossip Mandelštam. Eine Biographie. Zürich 2003

Ralph Dutli, Mandelštam, Heidelberg. Gedichte und Briefe 1909‒1910. Mit einem Essay über deutsche Echos in Ossip Mandelstams Werk: „Ich war das Buch, das euch im Traum erscheint“. (Wallstein-Verlag) Göttingen 2015

Ich habe viel von ihm gelernt (Interview mit Ralph Dutli, in: RNZ, 10. 12. 2003)

Nadeschda Mandelstam, Erinnerungen an das Jahrhundert der Wölfe. Aus dem Russischen übersetzt, mit Anmerkungen und einem Nachwort versehen von Ursula Keller. (Die Andere Bibliothek) Berlin 2020 https://www.nzz.ch/feuilleton/das-jahrhundert-der-woelfe-nadeschda-mandelstams-erinnerungen-ld.1594648

Ossip Mandelštam. Wort und Schicksal; Ósip Mandelštam. Palabra y destino. Begleitbuch zur Ausstellung in der Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte Heidelberg und im Centro Federico Garcia Lorca Grenada. 14. Mai bis 6. November 2016, hgg. von den Unesco Cities of Literature Heidelberg/Grenada, dem Staatlichen Literaturmuseum Moskau und der Mandelštam-Gesellschaft Moskau, Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 2016, 317 S., 34,00 Euro (Rez.: Norbert Giovannini, in: Heidelberg. Jahrbuch des Heidelberger Geschichtsvereins, Nr. 21 (2017), S. 277f.)

Barbara Wiedemann, Mandelstam in Heidelberg (Spuren 103), Marbach am Neckar 2014, 16 S. 5,80 Euro (Rez.: Norbert Giovannini, in: Heidelberg. Jahrbuch des Heidelberger Geschichtsvereins, Nr. 21 (2017), S. 277f.)



Links:

http://www.tages-anzeiger.ch/archiv/96august/960809/25607.htm (Schamma Schahadat, Das Wort gegen den Tod)

https://de.wikipedia.org/wiki/Ossip_Emiljewitsch_Mandelstam

http://www.orientierung.ch/pdf/2003/JG%2067_HEFT%2021_DATUM%2020031115.PDF