Heidelberger Geschichtsverein e.V.

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Philipp Lenard

*7. Juni 1862 Bratislava

20. Mai 1947 Messelhausen (bei Lauda-Königshofen)

Physiker, Geh. Rat, Prof. Dr.

Lenard ist verdient durch seine Versuche mit Kathodenstrahlen, Untersuchungen über Phosphoreszenz, Spektroskopie, photoelektrische Erscheinungen. Gegner der Relativitätstheorie.



1883: stud. Physik in Wien, Budapest, Heidelberg, Breslau, Bonn

1886: Promotion in Heidelberg bei Prof. Dr. Georg Quincke (1834-1924)

1887-1890: Assistent in Heidelberg

1890: Professor für theoretische Physik in Breslau

1891: Assistent von Heinrich Hertz (1857-1894) in Bonn

1892: Assistent für experimentelle Forschung an der TH Aachen

1896: a.o. Professor für theoretische Physik in Heidelberg

1898: Professor für Physik in Kiel

Philipp Lenard untersucht als erster den Photoeffekt im Hochvakuum. Er kann 1899 durch Ablenkung der Ladungsträger im Magnetfeld ihre spezifische Ladung bestimmen und sie so als Elektronen identifizieren. Er entdeckt die Abhängigkeiten von der Frequenz und der Bestrahlungsstärke. Außerdem kann er zeigen, dass die Elektronengeschwindigkeit und damit deren kinetischen Energie ausschließlich von der Frequenz des eingestrahlten Lichts abhängt, was mit der Wellenvorstellung vom Licht nur schwer vereinbar ist. Albert Einstein liefert 1905 in § 8 seiner Arbeit "Ueber einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt" die Erklärung des Effekts.

1905: Nobelpreis für Physik

1907-1931: Professor für Physik in Heidelberg, Direktor des Physikalischen Institut

1907: wohnt Neue Schloßstraße 3

25. Mai 1913: Einweihung des Physikalisch-Radiologischen Instituts am Albert-Ueberle-Weg 7 (Architekt: Friedrich Ostendorf)  

1913-1945: wohnt Neuenheimer Landstraße 2

24. Juni 1922: Ermordung des Reichsaußenministers Walther Rathenau

27. Juni 1922: Philipp Lenard weigert sich, die allgemeine Arbeitsruhe anläßlich des Staatsbegräbnisses von Walther Rathenau einzuhalten und am Physikalischen Institut halbmast zu flaggen. Dies führt zu einer von dem sozialdemokratischen Studenten Carlo Mierendorff angeführten Besetzung des Instituts durch Arbeiter und Studenten. Der Senat der Heidelberger Universität verurteilt Lenards Verhalten und leitet ein Disziplinarverfahren gegen ihn und Mierendorff ein. Als der badische Kultusminister Willy Hellpach Lenard vom Dienst suspendiert, bittet dieser um seine Entlassung. Physikalische Gesellschaften, einzelne Physiker und Heidelberger Studenten setzen sich für Lenard ein, so daß Hellpach die Suspendierung und Lenard (am 26. Juni 1923) sein Entlassungsgesuch zurücknimmt

5. März 1928: Adolf Hitler spricht im Ballsaal der Stadthalle vor geladenen Gästen der Wirtschaft. Er besucht Philipp Lenard in der Neuenheimer Landstraße 2.

Ende Juli 1931: Abschiedsvorlesung von Geh. Rat Prof. Dr. Philipp Lenard in der Universität Heidelberg

1932-1934: Nachfolger als Professor der Experimentalphysik: Walter Bothe (1891-1957)

23. Mai 1933: Verleihung des Ehrenbürgerrechts der Stadt Heidelberg an Adolf Hitler und Philipp Lenard

13. Dezember 1935: Einweihung des Philipp-Lenard-Instituts (Physikalisches Institut) unter dem neuen Namen in Anwesenheit von Geh. Rat Prof. Dr. Philipp Lenard, Reichsstatthalter Robert Wagner, MP Köhler, der Minister Dr. Wacker und Dr. Schmitthenner. Die Feier schließt mit dem Horst-Wessel-Lied.

1936: Lenard erhält auf dem Parteitag der NSDAP in Nürnberg den Parteipreis für Wissenschaft

7. Juni 1937 [27. Januar 1938]: die Oberrealschule Heidelberg wird Philipp-Lenard-Schule benannt

7. Juni 1939: das badische Kultusministerium läßt im Garten des Physikalischen Instituts eine Bronzebüste von Lenard aufstellen

30. März 1940: In einem Festakt wird ein von dem Heidelberger Maler Herbert Grass an der Wand des Treppenhauses der Oberrealschule („Philipp-Lenard-Schule“) geschaffenes „Lenard-Fresko“ übergeben.

7. Juni 1942: Philipp Lenard wird an seinem 80. Geburtstag Ehrenbürger der Universität Heidelberg und Ehrendoktor der Universität Bratislava

1944: ein Teil des Physikalischen Instituts der Universität Heidelberg wird nach Messelhausen (bei Lauda-Königshofen) verlagert. Lenard und seine Familie siedeln ebenfalls dorthin um.

1945: das Philipp-Lenard-Gymnasium wird auf Betreiben der Besatzungsmacht in Hermann-von-Helmholtz-Schule umbenannt

28. August 1945: der Senat der Universität Heidelberg beschließt, das Philipp-Lenard-Institut in "Physikalisches Institut" umzubenennen

6. September 1945: die Philipp-Lenard-Straße (Neuenheim) wird in Gustav-Kirchhoff-Straße umbenannt



>Lenardröhre = Hochvakuumröhre, die gegenüber der Kathode ein kleines Fensterchen besitzt, das, mit dünner Aluminiumfolie verschlossen, die Kathodenstrahlen passieren läßt, so daß sie in die Atmosphäre eindringen und beobachtet werden können.



Literatur:

Wolfgang U. Eckart, Volker Sellin, Eike Wolgast et al. (Hg.), Die Universität Heidelberg im Nationalsozialismus. Heidelberg 2006, S. 1087ff.


Wilhelm Füßl, Johannes-Geert Hagmann (Hg.), Konstruierte Wirklichkeit. Philipp Lenard 1862 - 1947; Biografie, Physik, Ideologie ; [Sonderausstellung im Foyer der Bibliothek des Deutschen Museums ab 21. November 2012] / Deutsches Museum. 1. Aufl. München 2012. [<EP>  PY-EP AL | <AV> IX LE 6) ))

Hugo Marx, Der Fall Lenard, in: Rhein-Neckar-Zeitung, 20. November 1964 Ausschnitt

Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein, Nr. III/1998, 271, 276, V, 86

Marie-Thérèse Roux, Die Universität Heidelberg und der „Fall Philipp Lenard“. Der Umgang mit der antirepublikanischen Provokation eines Hochschullehrers 1922/23, in: Heidelberg. Jahrbuch des Heidelberger Geschichtsvereins 25 (2021), S. 97-120


Klaus-Peter Schroeder, Die Heidelberger Universität auf dem Weg in das „Dritte Reich“. Arnold Ruge, Philipp Lenard – Emil Julius Gumbel, UB Heidelberg 2021, 168 S, 39,90 (pdf-Download kostenlos)

Weihe des Philipp-Lenard-Instituts. Ehrung des Gelehrten durch das badische Staatsministerium, in: Heidelberger Neueste Nachrichten, Nr. 292, 14. 12. 1935, S. 3f.

Peter Zimber, Entdeckungen im Atom (Heidelberger Nobelpreisträger), in: RNZ, 16. 9. 2008

http://ruprecht.fsk.uni-heidelberg.de/ausgaben/43/hochschu.htm „Deutsche“ Physik. Nobelpreisträger Philipp Lenard (Ruprecht, 43)

http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/LenardPhilipp/ Kurzbio Lenard