Heidelberger Geschichtsverein e.V.                                                                                                                  HGV

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Friedrich Hölderlin

*20. März 1770 Lauffen/Neckar (Herzogtum Württemberg)

7. Juni 1843 Tübingen

Dichter



1786–1788: Schüler im Seminar Maulbronn

September 1787: Fertigstellung der neunten Neckarbrücke ("Carl-Theodor-Brücke")

Oktober 1788-1792: stud. im Tübinger Stift, zusammen mit Hegel und Schelling

3. Juni 1788: Der achtzehnjährige Friedrich Hölderlin besucht zum ersten Mal Heidelberg (als Klosterschüler von Maulbronn, auf dem Weg nach Speyer, in Begleitung seiner Cousine Rike aus Markgröningen und ihres Bräutigam Johann Friedrich Blum aus Speyer, der ihn eingeladen hat). "Von Schwezingen nach Heidelberg hatten wir drei Stunden lang schnurgerade Chaussee – und auf beiden Seiten alte, eichengleiche Maulbeerbäume. Ungefär um Mittag kamen wir in Heidelberg an. Die Stadt gefiel mir außerordentlich wohl. Die Lage ist so schön, als man sich je eine denken kann. Auf beiden Seiten und am Rücken der Stadt steigen steile waldichte Berge empor, und auf diesen steht das alte, ehrwürdige Schloß...Merkwürdig ist auch die neue Brücke daselbst..." (an seine Mutter in Nürtingen)

1794: Hofmeister bei Charlotte von Kalb in Waltershausen bei Jena

Juni 1795: 2. Aufenthalt Friedrich Hölderlins in Heidelberg, als er die Universität Jena fluchtartig verlassen hatte und nach Nürtingen reist), wo er den Arzt und Naturforscher Dr. Johann Gottfried Ebel aus Frankfurt (1764-1830) trifft, der ihm später die Hofmeisterstelle im Hause des Bankiers Jacob Friedrich Gontard (1764–1843, verheiratet mit Susette geb. Borkenstein, 1769–1802) in Frankfurt vermittelt

Dezember 1795: 3. Aufenthalt Friedrich Hölderlins in Heidelberg (auf der Reise nach Frankfurt/Main)

30. Dezember 1795-September 1798: Hofmeister für den Gontard-Sohn Henry (*1787) in Frankfurt


22. August 1797: Besuch bei Goethe in Frankfurt


9. Dezember 1797: der Kongreß zur Umsetzung der Friedensbedingungen zwischen der Koalition und Frankreich tritt in Rastatt zusammen (-23. April 1799)


1797 und 1799: der lyrische Briefroman „Hyperion oder Der Eremit in Griechenland“ erscheint in zwei Bänden

Frühjahr 1798: Friedrich Hölderlin verfaßt die Ode "Heidelberg"

September 1798: Hölderlin verläßt das Haus Gontard. Zieht zu seinem Freund Isaac von Sinclair nach Homburg v.d.H.


Dezember 1798: Hölderlin geht mit Sinclair nach Rastatt


Mai/Juni 1800: 4. Aufenthalt Friedrich Hölderlins in Heidelberg (Rückkehr aus Homburg v.d.H. in die Heimat)

Frühsommer 1800: die Ode „Heidelberg“ erscheint in Aglaia. Jahrbuch für Frauenzimmer auf 1801, herausgegeben von N.P. Stampeel. 1801 (v.1)(Frankfurt) https://www.museum-heidelberg.de/site/Museum-Heidelberg/get/documents_E534865565/museum-heidelberg/Dateien/pdf/Divers/Erstdruck_Heidelberg-Ode.pdf

1802: Susette Gontard stirbt an den Röteln

Er arbeitet als Hauslehrer an verschiedenen Orten (Nürtingen, Stuttgart, Hauptwil/Schweiz, Bordeaux)

1807: in psychiatrischer Familienpflege bei Schreinermeister Zimmer im „Hölderlinturm“ in Tübingen



November 1909: der Germanist Norbert von Hellingrath (1888-1916) entdeckt in der Bibliothek Stuttgart späte Hymnen und Pindar-Übertragungen Friedrich Hölderlins, die er in Abschriften an Freunde und Bekannte schickt

1933: Benennung der Gartenanlagen am Philosophenweg: Eichendorff-Anlage und Hölderlin-Anlage

6. Juni 1943: Veranstaltung von Stadt und Universität zum 100. Todestag von Friedrich Hölderlin im Großen Saal der Stadthalle (Festredner Prof. Dr. Paul Böckmann)

Oktober 1991: das Manuskript des Entwurfs von Hölderlins Heidelberg-Ode wird in Wiesloch in der Wohnung eines Handwerkers (27) gefunden, die dieser 1981 aus dem Kurpfälzischen Museum entwendet hatte

10. Oktober bis 14. November 2004: "Und dir schenken ein kunstlos Lied" - Dichter auf der Durchreise - Studioausstellung in Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek Heidelberg (im Rahmen der Baden-Württembergischen Literaturtage 2004). Erstmals wird der Entwurf zu Hölderlins Ode "Heidelberg" aus dem Frühsommer 1798 im Original ausgestellt.

Mai 2020 bis 1. August 2021: „Hölderlin, Celan und die Sprachen der Poesie“ (Ausstellung im Literaturmuseum Marbach)

August/Oktober 2020: Ausstellung „Hölderlin und die Brüder Grimm – geschrieben und assembliert von Ruth Tesmar und gestickt von Gertrud Hübner-Nauhaus“ (Museum Haus Cajeth, Haspelgasse 12)< https://www.cajeth.de/2020/03/hoelderlin-und-die-brueder-grimm/>

16. September-6. Dezember 2020: "Lange lieb ich dich schon...Friedrich Hölderlin und Heidelberg" (Ausstellung im Kurpfälzischen Museum)

16. Dezember 2020 bis 7. Februar 2021: "Ins Freie" mit dem Hölderlin Gymnasium Heidelberg. Ins Freie, hinaus aus der Schule, hinaus aus dem Museumsgemäuer sollen die Gedanken, Vorstellungen, Wünsche und Ideen, raus aus festgefügten Mustern, hin zu Phantasie, zum selbstbestimmten Denken, in eine offene Zukunft. Keine Frage, das "Hölderlin Jahr 2020" bewegte die Schülerinnen und Schüler des Heidelberger Hölderlin Gymnasiums. Begleitet von Literatur-, Kunst-, Museums- und Theaterpädagogen haben sie sich mit dem Namensgeber ihrer Schule auf vielgestaltige Weise auseinandergesetzt. Sie lasen, druckten, zeichneten, malten. Sie schrieben eigene Texte, angelehnt an Hölderlingedichte, oder sie dichteten ganz frei im eigenen Sound. Thematisiert werden dabei Jugend, Freundschaft, Hoffnung, Liebe und Sehnsucht. Auch die Natur, die innere und äußere, findet ganz unterschiedliche Darstellungsformen. Kleine Objektkästen zeigen eigene Blickwinkel, Collagen, Scherenschnitte, Tuschezeichnungen und farbige Drucke zeigen die Heimatstadt, das Nahe und die Ferne. „Lange lieb´ ich dich schon …“ flutet hier ins Auge. Friedrich Hölderlins Heidelberg-Ode aus dem Jahr 1798 wurde zum Ausgangspunkt für viele der künstlerischen Arbeiten. (Kurpfälzischen Museum)

https://www.youtube.com/watch?v=rSM9etAQmcw&feature=emb_rel_end (Minu Dietlinde Tizabi - Literarischer Salon "Friedrich Hölderlin". Ein Videobeitrag zum Jubiläumsjahr "Friedrich Hölderlin 2020", veröffentlicht zum Internationalen Museumstag am 17. Mai 2020)

https://www.youtube.com/watch?v=qKcszYq2s9Y&feature=emb_rel_end (KURPFÄLZISCHES MUSEUM - Frieder Hepp im Gespräch über "Friedrich Hölderlin und Heidelberg")

https://youtu.be/saYt5-X-tJU?t=35 (Interview von Kulturredakteur Jörg Tröger (ehemals SWR) im Rahmen der Kabinettausstellung "Lange lieb ich dich schon - Friedrich Hölderlin und Heidelberg" im Kurpfälzischen Museum)







Zitat aus „Hyperion oder Der Eremit in Griechenland“:

"So kam ich unter die Deutschen. Ich forderte nicht viel und war gefaßt, noch weniger zu finden. […] Barbaren von Alters her, durch Fleiß und Wissenschaft und selbst durch Religion barbarischer geworden, tiefunfähig jedes göttlichen Gefühls, verdorben bis ins Mark [...], in jedem Grad der Übertreibung und der Ärmlichkeit belaidigend für jede gutgeartete Seele, dumpf und harmonielos, wie die Scherben eines weggeworfenen Gefäßes - das, mein Bellarmin, waren meine Tröster.

Es ist ein hartes Wort, und dennoch sag' ichs, weil es Wahrheit ist: ich kann kein Volk mir denken, das zerrißner wäre, wie die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen, Denker, aber keine Menschen, Priester, aber keine Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesezte Leute, aber keine Menschen - ist das nicht, wie ein Schlachtfeld, wo Hände und Arme und alle Glieder zerstükelt untereinander liegen, indessen das vergoßne Lebensblut im Sande zerrinnt?

Ein jeder treibt das Seine, wirst du sagen, und ich sag' es auch. Nur muß er es mit ganzer Seele treiben, muß nicht jede Kraft in sich erstiken, wenn sie nicht gerade sich zu seinem Titel paßt, muß nicht mit dieser kargen Angst, buchstäblich heuchlerisch das, was er heißt, nur seyn, mit Ernst, mit Liebe muß er das seyn, was er ist, so lebt ein Geist in seinem Thun, und ist er in ein Fach gedrükt, wo gar der Geist nicht leben darf, so stoß ers mit Verachtung weg und lerne pflügen! Deine Deutschen aber bleiben gerne beim Nothwendigsten, und darum ist bei ihnen auch so viel Stümperarbeit und so wenig Freies, Ächterfreuliches. Doch das wäre zu verschmerzen, müßten solche Menschen nur nicht fühllos seyn für alles schöne Leben, ruhte nur nicht überall der Fluch der gottverlaßnen Unnatur auf solchem Volke. -

Die Tugenden der Alten sei'n nur glänzende Fehler, sagt' einmal, ich weiß nicht mehr, welche böse Zunge; und es sind doch selber ihre Fehler Tugenden, denn da noch lebt' ein kindlicher, ein schöner Geist, und ohne Seele war von allem, was sie thaten, nichts gethan. Die Tugenden der Deutschen aber sind ein glänzend Übel und nichts weiter; denn Nothwerk sind sie nur, aus feiger Angst, mit Sclavenmühe, dem wüsten Herzen abgedrungen, und lassen trostlos jede reine Seele, die von Schönem gern sich nährt, ach! die verwöhnt vom heiligen Zusammenklang in edleren Naturen, den Mislaut nicht erträgt, der schreiend ist in all der todten Ordnung dieser Menschen.

Ich sage dir: es ist nichts Heiliges, was nicht entheiligt, nicht zum ärmlichen Behelf herabgewürdigt ist bei diesem Volk, und was selbst unter Wilden göttlichrein sich meist erhält, das treiben diese allberechneden Barbaren, wie man so ein Handwerk treibt, und können es nicht anders, denn wo einmal ein menschlich Wesen abgerichtet ist, da dient es seinem Zwek, da sucht es seinen Nuzen, es schwärmt nicht mehr, bewahre Gott! es bleibt gesezt, und wenn es feiert und wenn es liebt und wenn es betet und selber wenn des Frühlings holdes Fest, wenn die Versöhnungszeit der Welt die Sorgen alle löst, und Unschuld zaubert in ein schuldig Herz, wenn von der Sonne warmem Strale berauscht, der Sclave seine Ketten froh vergißt und von der gottbeseelten Luft besänftiget, die Menschenfeinde friedlich, wie die Kinder, sind - wenn selbst die Raupe sich beflügelt und die Biene schwärmt, so bleibt der Deutsche doch in seinem Fach' und kümmert sich nicht viel ums Wetter!“



> Hölderlin-Anlage (Philosophenweg, 1934/1935, Gedenkstein)

> Hölderlin-Eiche (Philosophenweg, 1939)

> Hölderlinstraße (Weststadt, seit 1910, 1964 in Gleisdreieck umbenannt)

> Hölderlinweg (Neuenheim, 1905-1964: Röderweg)

> Hölderlingymnasium (1937-1953 „Hölderlinschule“)



Briefe:

Friedrich Hölderlin, Hölderlin in Homburg. Seine Briefe aus den Jahren 1798 bis 1800 und die Briefe der Susette Gontard an Hölderlin. Frankfurt am Main: Weisbecker, 1979 (Briefe aus Frankfurt ; N.F., 9)


Friedrich Hölderlin, Dichtungen und Briefe der Liebe / Hölderlin ; Diotima. Hg. von Rudolf Ibel. Hamburg: Wegner, 1948 [G 6306-6-60]


Susette Gontard, Die Briefe / [veröff. von Frida Arnold. Hg. von Carl Vie͏̈tor]. Leipzig: Insel-Verl., 1920 (... Druck der Janus-Presse ; 4) [KD 509]


Susette Gontard, Die Briefe / veröffentl. von Frida Arnold. Hg. von Carl Vie͏̈tor. Leipzig: Insel-Verl., 1921 [ G 6306-20]



Literatur:

Adolf Beck, „Heidelberg“, in: Alfred Kelletat (Hg.), Hölderlin. Beiträge zu seinem Verständnis in unserem Jahrhundert. Tübingen 1961, S. 263-275

Ursula Brauer, Isaac von Sinclair. Eine Biografie. Stuttgart 1993

Ulrich Gaier, Konrad Engelbert Oelsner, Johann Gottfried Ebel und Hölderlin. Das Netzwerk der Bekannten, in: Hölderlin und die »künftige Schweiz«. Isele, Eggingen 2013, S. 13–56

Werner Hamacher, Studien zu Hölderlin. Frankfurt 2020

Friedrich Norbert von Hellingrath, Pindarübertragungen von Hölderlin. Prolegomena zu einer Erstausgabe. Breitkopf & Härtel. Leipzig 1910

Norbert von Hellingrath, Pindar-Übertragungen von Hölderlin. Prolegomena zu einer Erstausgabe. Eugen Diederichs, Jena 1911 (zugl. Dissertation, Berlin 1910)

Norbert von Hellingrath, Hölderlin. Zwei Vorträge: Hölderlin und die Deutschen. Hölderlins Wahnsinn. 2. Auflage. Hugo Bruckmann, München 1922

old, Hölderlins Ode bleibt verschwunden. Auch nach sieben Jahre Suche. Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen wegen Verjährungsfrist ein. Belohnung von 10.000 Mark ausgesetzt, in: Heidelberger Amtsanzeiger, 19. 9. 1991, S. 3

Wilhelm Michel, Friedrich Hölderlin. Eine Biographie. 2013

Ludwig von Pigenot (Hg.), Hölderlin-Vermächtnis. Eingeleitet und herausgegeben von Ludwig von Pigenot. 1. Auflage 1936, 2. vermehrte Auflage 1944, Verlag F. Bruckmann, München 1944

Christmut Präger, „Unter duftenden Gärten“. Die Heidelberger Hölderlin-Anlage, in: Heidelberg. Jahrbuch des Heidelberger Geschichtsvereins 25 (2021), S. 209-216


Roland Reuß, Marit Müller (Hgg.), Friedrich Hölderlin „Heidelberg“. Faksimileedition des handschriftlichen Entwurfs. (Verlag Das Wunderhorn) Heidelberg 2020 (Rez. in Heidelberg. Jahrbuch des HGV, 25/2921)


Rüdiger Safranski, Hölderlin. Komm! Ins Offene, Freund! München 2019

Emil Staiger, Hölderlin, Heidelberg, in H.O. Burger (Hg.), Gedicht und Gedanke. Halle 1942, S. 167ff., wiederabgedruckt in: Meisterwerke deutscher Sprache. Zürich, Berlin 1943

Hans Christoph Schöll, „Wie von Göttern gesandt.“. Hölderlins Schicksalstag in Heidelberg, in: Heidelberger Beobachter Nr. 155, 6. Juni 1943

Ode "Heidelberg"

Hölderlins Heidelberg

http://gutenberg.aol.de/autoren/hoelderl.htm

http://www.hoelderlin-online.de/ Hölderlin-Gesellschaft Bibliothek, Tübingen

http://www.hoelderlin.org/html/lebenhoelderlins.html Kurzbio Hölderlin

http://www.sino.uni-heidelberg.de/students/tjuelch/Dichtung/H%F6lderlin.htm#Hintergrund

https://www.heidelberg.de/hd/HD/Leben/hoelderlin2020.html (Heidelberg feiert Hölderlin anlässlich des 250. Geburtstags des Dichters im Jahr 2020 - verlängert bis Juni 2021)