Heidelberger Geschichtsverein e.V.
Fritz Ernst
*30. Oktober 1905 Stuttgart
†21. Dezember 1963 Heidelberg (vgl. Jahrbuch des HGV 24 (2020), S. 131) (begraben auf dem Friedhof Handschuhsheim)
Historiker
Vater: Viktor Ernst, (1871-1933), Prof. Dr. phil., Historiker
Mutter: Fanny, geb. Nusser
Bruder: Prof. Dr. med. Konrad Ernst
Ehefrau: Marie-Agnes Gräfin von Bernstorff (*3. 11. 1917 Gartow/Elbe, +4. 5. 2020 Heidelberg, Heirat 1941, in Heidelberg begraben. Todesanzeigen in FAZ und SZ vom 16. 5. 2020)
Kinder: 2 (Sabine, Christian Ernst)
Wohnung ab 1941: Heiligenbergstraße 19 ("Weißes Haus", vgl. Adreßbuch 1956, 1961; vgl. Paula Deetjen)
1923: Abitur am Karlsgymnasium Stuttgart
1923-1927 Studium der Geschichte, Anglistik und Germanistik in Tübingen, Berlin und wieder in Tübingen
Wintersemester 1924/25-Wintersemester 1925/26: Universität Berlin
Winter 1926/27: Aufenthalt in England
1928-1929: 1. und 2. Staatsexamen
1929: schließt sein Studium in Tübingen bei Johannes Haller ab. Dissertation über die wirtschaftliche Ausstattung der Tübinger Universität.
1929/1930: Tätigkeit als Lehrer an einer deutschen Schule in Buenos Aires
1932: Habilitation in Tübingen über Eberhart im Bart, den ersten Herzog von Württemberg
1932-1935/37 Privatdozent in Tübingen
1933: Beitritt zur SA in Tübingen (1935 Austritt)
Wintersemester 1935/36: Vertretungen in Erlangen, Kiel, Würzburg
1935-1937 Lehrstuhlvertretungen in Erlangen, Kiel, Würzburg und Heidelberg
Sommersemester 1937: Vertretung des Lehrstuhls von Karl Hampe bzw Günther Franz in Heidelberg
1937: wird Nachfolger auf dem Heidelberger Lehrstuhl für mittlere und neuere Geschichte, den zuvor drei Semester Günther Franz (1902-1992) und davor Jahrzehnte Karl Hampe (1869-1936) innehatte. Lehrt bis zu seinem Tod 1963 mittelalterliche Geschichte.
22. Dezember 1938: Gründung des Instituts für Fränkisch-Pfälzische Landes- und Volksforschung der Universität Heidelberg (Leitung: Wolfgang Panzer, Fritz Ernst)
1938: lehnt einen Ruf nach Hamburg auf den damals einzigen deutschen Lehrstuhl für Kolonial- und Überseegeschichte ab
seit 1938: Mitherausgeber der Zeitschrift „Die Welt als Geschichte“
Sommer 1940: Fritz Ernst legt eine Prüfung als Militärdolmetscher für Englisch ab
29. Mai 1941: Heirat mit Marie-Agnes Gräfin von Bernstorff (*3. 11. 1917 Gartow / Wendland, +4. 5. 2020 Heidelberg)
Juni 1942: kurzzeitige Einberufung zur Wehrmacht. Dient für fünf Wochen als Dolmetscher in Nordafrika. Bis Dezember 1942 Aufenthalt in einem Lazarett in Athen.
13. April 1944: Geburt der Tochter Sabine
September 1944: Fritz Ernst bringt Frau und Tochter nach Schloß Gartow / Wendland
1944: ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
21. März bis 14. August 1945: "wegen der Kriegslage" wird Johannes Hoops zum kommissarischen Rektor der Universität Heidelberg ernannt
1945: "Am 29. März [1945], dem Gründonnerstag, kam das letzte deutsche Bataillon, arme abgerissene Kerle. Mein Haus wurde Gefechtsstand. Glücklicherweise trieben den ganzen Tag tiefe Wolken, so daß die amerikanischen Flieger nichts sehen konnten. Am Morgen des Karfreitag zogen die Amerikaner ein. Noch wurde vom Südufer des Neckar etwas geschossen. In der Nacht schliefen wir im Keller. Zu uns kamen zunächst keine amerikanischen Truppen herauf, [...]." (aus: Fritz Ernst, Im Schatten des Diktators. 1996, S. 62 mit Anm. auf S. 87)
5. April 1945: politisch unbelastet gebliebene oder im dritten Reich entlassene Professoren ("Dreizehnerausschuß"- Karl Heinrich Bauer, Ernst Engelking, Alfred Weber, Karl Jaspers, Gustav Radbruch, Hans Schaefer, Renatus Hupfeld, Walter Jellinek, Wolfgang Gentner, Martin Dibelius, Karl Freudenberg, Alexander Mitscherlich, Johannes Hoops) bemühen sich um eine baldige Wiedereröffnung und um eine geistige sowie personelle Erneuerung der Universität Heidelberg
8. August 1945: Der große Senat (22 Professoren und Dozenten) wählt den Mediziner Karl Heinrich Bauer zum Rektor (Nachfolger von Johannes Hoops), Fritz Ernst zum Prorektor und Karl Jaspers zum Ersten Senator der Universität Heidelberg. Sie bilden mit den Dekanen den Engeren Senat.
1950: Studienaufenthalt in Princeton
1953: mit "Fritz Trautz, Das untere Neckarland im früheren Mittelalter" erscheint der erste Band der "Heidelberger Veröffentlichungen zur Landesgeschichte und Landeskunde", hg. von Fritz Ernst und Karl Kollnig
1955: Gastprofessor in Madison, Wisconsin
1957: hält bei der 500-Jahr-Feier des württembergischen Landtages die Festrede
WS 1961-SS 1963: Rektor der Universität Heidelberg
Gibt den Anstoß für eine Neubearbeitung von Gebhardts Handbuch der deutschen Geschichte, in deren 1. Band (1954) er „Das Reich der Ottonen im 10. Jahrhundert“ darstellt.
8. 5. 2025, 18 Uhr c.t., öffentlicher Abendvortrag von Dr.
Martin Krauß "Wir hatten einige gemütliche
Nachmittage mit Nestlé-Kaffeepulver und
Chesterfield-Zigaretten. Die Aufzeichnungen von Fritz Ernst zum
Kriegsende in Heidelberg 1945" (Universitätsarchiv
Heidelberg, Akademiestraße 4-8)
Akademische Schüler von Fritz Ernst: Gunther Wolf, Fritz Trautz, Karl Ferdinand Werner, Meinrad Schaab, Peter Moraw
Schriften:
Fritz Ernst, Die wirtschaftliche Ausstattung der Universität Tübingen in ihren ersten Jahrzehnten (1477–1534). Stuttgart 1929.
Fritz Ernst, Eberhard im Bart. Die Politik eines deutschen Landesherrn am Ende des Mittelalters. Stuttgart 1933.
Fritz Ernst, England und Indien. Zur Geschichte ihrer Beziehungen. Stuttgart 1939
Fritz Ernst, Lothringen. Aus der Geschichte eines Grenzlandes. Leipzig 1941
Fritz Ernst, Die Wiedereröffnung der Universität Heidelberg 1945-46, in: Heidelberger Jahrbücher IV, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1960
Fritz Ernst, Die Deutschen und ihre jüngste Geschichte. Beobachtungen und Bemerkungen zum deutschen Schicksal der letzten 50 Jahre (1911–1961). 3. Auflage. Stuttgart 1966
Fritz Ernst, Im Schatten des Diktators: Rückblick eines Heidelberger Historikers auf die NS-Zeit. Herausgegeben, eingeleitet, erläutert und mit einem Quellenanhang versehen von Diethard Aschoff, Manutius-Verlag, Heidelberg 1996
Literatur:
Helmut Dölker, Fritz Ernst (30.10.1905–22.12.1963). Zum Gedächtnis, in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 23 (1964), S. 230–236
Astrid M. Eckert, Kampf um die Akten. Die Westalliierten und die Rückgabe von deutschem Archivgut nach dem Zweiten Weltkrieg. Stuttgart 2004
Fritz Ernst 1905–1963. Mit einem Schriftenverzeichnis und einem Verzeichnis der von Ernst angeregten Habilitationsschriften und Dissertationen. 2 Gedenkreden gehalten von Ahasver von Brandt und Karl Engisch. Bearbeitet von Peter Moraw, Kohlhammer, Stuttgart 1964, S. 23–27 ((vollständige Bibliographie seiner Schriften))
Viktor Fichtenau, Fritz Ernst und das Heidelberger Historische Seminar, in: Heidelberg. Jahrbuch des Heidelberger Geschichtsvereins Nr. 24 (2020), S. 121-134
Herbert Grundmann, Nachruf Fritz Ernst, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 20 (1964), S. 299
Martin Krauß, "Wir hatten einige gemütliche Nachmittage mit Nestle-Kaffeepulver und Chesterfield-Zigaretten". Die Aufzeichnungen von Fritz Ernst zum Kriegsende in Heidelberg 1945, in: Heidelberg. Jahrbuch des Heidelberger Geschichtsvereins Nr. 29 (2025), S. 219-232
Erich Maschke, Fritz Ernst † (30.10.1905–22.12.1963), in: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 1963/64, Heidelberg 1965, S. 55–58
Jürgen Miethke, Die Mediävistik in Heidelberg seit 1933, in: Jürgen Miethke (Hg.), Geschichte in Heidelberg. 100 Jahre Historisches Seminar, 50 Jahre Institut für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde. Berlin 1992, S. 93–124
Fritz Trautz, Ernst, Fritz (Friedrich Wilhelm), Historiker, in: Badische Biographien Neue Folge 2 (1987), S. 80–82
https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Ernst_(Historiker)
https://www.leo-bw.de/web/guest/detail/-/Detail/details/PERSON/kgl_biographien/118817523/biografie