Heidelberger Geschichtsverein e.V. HGV

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„Heidelbergens Promenade ziert ein stolzer Bronzeheld
Marschall Wrede, den voll Gnade dort sein König aufgestellt“

Wo immer in Heidelbergs Boden gegraben wird, stößt man auf Zeug der wechselvollen Geschichte der Stadt. Es brauchen nicht immer Funde aus der Römerzeit oder dem Mittelalter zu sein. Auch die jüngste Geschichte hat schon Spuren im Boden hinterlassen. So legten Bauarbeiter in diesen Tagen bei Grabungen auf dem Friedrich-Ebert-Platz neben Resten der mittelalterlichen Stadtmauer auch einen Teil des Sockels frei, der einst das Denkmal des bayrischen Feldmarschalls Wrede getragen hatte, nach dem dieser Platz bis 1945 benannt war.

Karl Philipp Wrede, dessen Büste noch heute die Feldherrenballe in München ziert, war ein geborener Heidelberger. Sein Vater bewohnte als kurpfälzischer Landschreiber das Haus am Karlsplatz, in dem heute die Akademie der Wissenschaften untergebracht ist. Bei den Eltern Wrede ist 1775 Goethe eingekehrt. „Es waren anständig behagliche Personen, die eine Tochter ähnelte Friederiken“, schreibt de Dichter hierüber in „Dichtung und Wahrheit“. Der spätere Fürst Wrede war damals 8 Jahre alt. Elf Jahre später, 1786, wählten die Heidelberger Studenten den 19-jährigen Wrede bei der 400-Jahrfeier der Universität zum Festchargierten. Nach seinem Studium war er zunächst als Assessor beim Oberamt Heidelberg tätig bis zum Beginn seiner militärischen Karriere, die ihn schließlich während der Napoleonischen Kriege als Feldmarschall an die Spitze des bayrischen Heeres bringen sollte. Wie stolz unsere Stadt einst auf ihren großen Sohn war, geht daraus hervor, mit welcher Begeisterung „der Retter Deutschlands, der Sieger bei Hanau, der Heidelberger“ bei späteren Besuchen in Heidelberg empfangen wurde. Trotzdem wäre sein Name für die späteren Heidelberger Geschlechter wohl kein Begriff mehr gewesen, hätte nicht König Ludwig I. von Bayern im Jahre 1860 - 22 Jahre nach Wredes Tod - der Stadt jenes pompöse Standbild geschenkt, dessen Sockel dieser Tagen für kurze Zeit wieder zum Vorschein kam. Bei der Enthüllung des Denkmals am 21. August 1860 versprach der Heidelberger Bürgermeister Krausmann, daß „die Vertreter der Stadt stets dafür Sorge tragen werden, daß das Standbild, welches eine Zierde dieses Stadttheils ist, in seiner Schönheit erhalten bleibe zu Ehren des Gefeierten und zu Ehren des allerhöchsten Stifters, Sr.Maj. des Königs Ludwig von Baiern“.

Heinrich von Treitschke spricht in seiner „Deutschen Geschichte im 19. Jahrundert“ etwas spöttisch von dem „traurigen Wrededenkmal“, das Ludwig im Greisenalter als eine „unerbetene Wohltat“ der alten Hauptstadt seiner neckarpfälzischen Heimat habe zukommen lassen. König Ludwig, der einen Teil seiner Jugend in Mannheim erlebte und längere Zeit in Schloß in Heidelberg-Rohrbach weilte, hat zeitlebens den Verlust des kurpfälzischen Gebietes an Baden im Jahre 1803 nicht verwinden können.

Georg Weber berichtet in seinen Erinnerungen, daß damals die Scherzfrage kursierte, welches der reinlichste Fürst in Deutschland sei, worauf dann die Antwort war: „Der König von Bayern, denn er will immer Baden“.

80 Jahre hat die überlebensgroße Statue, ein Werk des Münchner Bildhauers Friedrich Brugger den „Wredeplatz“ geziert, bis sie im zweiten Weltkrieg auf Beschluß der Stadtverwaltung der Metallspende überwiesen wurde. Die Heidelberger Zeitung schildert am 17. April 1940 den Abtransport der 44 Zentner schweren Broncefigur unter der Überschrift „Wrede zieht wieder in den Krieg!“ Dieses Mal blieb im allerdings die Rückkehr versagt. Nur der Sockel blieb uns erhalten. Es bereitete damals den zuständigen Herrn einige Kopfzerbrechen, wie das 170 Zentner schwere Postament weggeschafft werden sollte, bis einer auf den genialen Gedanken kam, den Koloß einfach an Ort und Stelle zu versenken. So kam es auch. Der Berichterstatter meinte damals, der Sockel könnte eine Tagen eine Auferstehung erleben. „Vielleicht läuft ein Maler oder Schauspieler unter uns, den man einstens dorten hinaufstellt“. Der gute Mann konnte damals noch nicht ahnen, daß unsere Plätze bald nur noch Autoparkplätze sein würden, auf denen für solche „Verkehrshindernisse“ kein Platz mehr ist. So wird auch der Sockel in wenigen Tagen wieder wohlverwahrt unter der Pflasterdecke des einstigen Wredeplatzes verschwinden.

Eberhard Schöll , 9. Juli 1964