Heidelberger Geschichtsverein e.V. HGV

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Henry Thode an Hans Thoma

„Bayreuth, Wahnfried, 20. Juli 1893

Freudige Botschaft habe ich Dir heute zu bringen von Deinem Spielgenossen – und Hans soll zu den ersten gehören, denen Heinz sein Geheimnis, das bald keines mehr sein wird, mitteilt. Wir kommen wieder und hoffentlich für lange in Eure Nähe! Ich bin gestern Professor für Kunstgeschichte in Heidelberg geworden und nehme morgen in einem Schreiben an das Ministerium Deines Heimatlandes die Stellung an! Was sagst Du dazu? In aller Stille und großer Geschwindigkeit ist die ganze Angelegenheit betrieben worden, ohne daß jemand, selbst meine Eltern nicht, etwas davon wußten. Indes noch die dunkle Wolke Breslaus mein Haupt bedrohte, brach die Sonne Heidelbergs durch – und da konnte ich keinen Augenblick zweifelhaft sein, ist doch eine Professur an dieser gefeierten, ehrwürdigen Universität, das Leben in dieser lieblichsten aller deutschen Städte von jeher mein geheimer Wunsch gewesen – trat mir doch mit einem Schlage die Erfüllung meiner Sehnsucht, Dir nahe zu sein, entgegen.

Schöne Hoffnungen auf eine gute und heitere Wirksamkeit tun sich mir auf – auch die musikalischen Verhältnisse in Heidelberg sind dank der Energie eines ausgezeichneten Musikers: Prof. Wolfrum, der mit Leidenschaft unsere Kunst vertritt, verheißungsvolle. Und – – ich kann wieder in Dein Atelier kommen, aus der Nähe teilnehmen an Deinem Schaffen. Du kannst Dir denken, wie mich dieser Gedanke innerlich erregt, beseelt. O Du lieber, teuerster Freund.“

(nach: Hermann Eris Busse, Hans Thoma. Sein Leben in Selbstzeugnissen, Briefen und Berichten. Berlin 1942, S. 177)