Heidelberger Geschichtsverein e.V. HGV

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Mennoniten, Taufgesinnte, Täufer, Wiedertäufer

im 16. Jahrhundert v. a. aus niederländischen und norddeutschen Täufergruppen hervorgegangene Religionsgemeinschaft, geführt von dem ursprünglich katholischen Priester Menno Simons in Friesland. 1539 schreibt dieser im Fondament-Boeck die Lehre des nach ihm benannten Glaubens nieder. Die Mennoniten vertreten die völlige Trennung von Staat und Kirche und lehnen die Kindertaufe, Gewalt, Wehrdienst, Eidesleistung und Ehescheidung ab. Mittelpunkt ihrer Ethik ist die Nachfolge Jesu Christi im Sinne der Bergpredigt. Die Mennoniten wurden oft verfolgt beziehungsweise zur Auswanderung gezwungen. Am 21. Mai 1527 wird der Täufer Michael Sattler in Rottenburg von Christen verbrannt, am 25. April 1528 der Täufer Hans Leupold in Augsburg mit dem Schwert hingerichtet. Die 1530 auf dem Reichstag zu Augsburg verlesene Confessio Augustana invariata, verfaßt von Philipp Melanchthon, verdammt die Täufer. In der Landesordnung der rheinischen Pfalz von 1582 nimmt Kurfürst Ludwig VI. ein besonderes Kapitel gegen die „ärgerliche, giftige, verführerische und an ewiger und zeitlicher Wohlfahrt schädliche Lehr und Sekt des Wiedertaufs“ auf. Damit werden die „Wiedertäufer“ bzw. die „Hutterischen Brüder“ rechtlos und mit Landesverweisung und Freiheitsstrafen bedroht.

Etwa 1000 namentlich erfasste Täufer ließen im 16. und 17.Jahrhundert aufgrund ihrer Glaubensüberzeugungen ihr Leben. Das Geschichtbuch der Hutterischen Brüder beschreibt viele Einzelschicksale täuferischer Märtyrer. Die Täuferforschung geht davon aus, dass die dokumentierte Opferzahl mindestens verdoppelt werden muß. Täufer wurden ihres Besitzes beraubt, außer Landes verwiesen und in die Sklaverei verkauft. An den Verfolgungen waren neben den staatlichen Behörden die römisch-katholische Kirche, die lutherische und die reformierte Geistlichkeit beteiligt. Besonders lang anhaltend war die Verfolgung der Schweizer Täufer. Die reformierten Städte Zürich und Bern wendeten noch im 17. Jahrhundert die in den meisten Fällen mit dem Tod endende Galeerenstrafe an. Die Stadt Bern richtete im Jahr 1699 eine besondere Täuferkammer ein, die die Verfolgungen koordinieren und die Güter der geflohenen oder vertriebenen Täufer verwalten sollte. Um die schweizerischen Täufer auffinden und festsetzen zu können, waren besondere Täuferjäger aktiv. Bereits im Jahr 1709 sollen infolge der Berner Rats mit Hilfe der Täuferkammer etwa 500 Personen aus der Schweiz vertrieben worden sein.

Nahezu 25 % der Hinrichtungen in protestantischen Territorien des Reiches fanden in Kursachsen statt. Hier hatte sich bereits 1531 Philipp Melanchthon in einem Gutachten für die Todesstrafe für aufrührerische Täufer ausgesprochen.. Auch in den Niederlanden wurden viele Täufer auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Nach dem dreißigjährigen Krieg fanden die Mennoniten Zuflucht in Baden, Kurpfalz, Mähren und Elsaß. 1650 erließen die Freiherren von Venningen die erste Niederlassungsbewilligung für Täufer auf ihrem Territorium. Am 4. August 1664 spricht Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz die Zulassung der „Wiedertäufer aus („Mennistenkonzession“). Um die nach Reichsrecht (Speyerer Protestationsreichstag von 1529) immer noch drohende Todesstrafe zu umgehen, werden die Täufer nach dem niederländischen Täuferführer Menno Simons „Mennisten“ genannt. Sie dürfen sich ansiedeln und ihren Glauben leben, wenn auch mit Sondersteuern und unter zahlreichen Einschränkungen (Missionsverbot, Kontaktsperre, Verbot der (Wieder)Taufe Anderskonfessioneller, Einschränkung der Teilnehmer bei Versammlungen auf 20 Personen, kein „gotteslästerischer Aufruhr“, Respekt vor der Obrigkeit). Mennoniten hatten ursprünglich als Einwanderer keinen Landbesitz, sie waren Pächter bei Adeligen.

Bedeutende Einwanderungsländer waren außerdem die Ukraine, Südrußland, USA, Kanada, Paraguay, Uruguay. 1839 gab es 10 Mennoniten in Heidelberg.

2007 baten Vertreter der Reformierten Kirche der Schweiz die Nachfahren der Täuferbewegung um Vergebung. 2010 legte der Lutherische Weltbund in Stuttgart gegenüber Vertretern der reformatorischen Täuferbewegung ein umfassendes Schuldbekenntnis ab.

(vgl. Mennonitisches Lexikon. Begonnen von Christian Hege und Christian Neff, fortgeführt von Harold S. Bender und Ernst Crous. Karlsruhe 1958) (vgl. Hutterische Brüder)

Literatur zu Täufern und Mennoniten

http://www.mennonitischer-geschichtsverein.de/geschichte.html

www.mennoniten-im-kraichgau.de

http://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%A4ufer#Ausma.C3.9F_der_Verfolgung

http://lesbar.down-to-earth.de/media/krauss_wolfang-niemandzusichhereinlassen.pdf (Wolfgang Krauß)