Heidelberger Geschichtsverein e.V.

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Lagerbücher

Lagerbuch ist ein Fachbegriff des Archivwesens. Ein Lagerbuch ist ein handschriftliches Verzeichnis der Besitzungen und der damit verbundenen Einkünfte, die zu einer bestimmten Herrschaft oder einer Verwaltungseinheit gehörten. Lagerbücher kamen im 15. Jahrhundert auf und sind die Nachfolger der bis dahin üblichen Urbare, Salbücher und Rotuli. Sie wurden bis ins 18. Jahrhundert hinein angelegt. Der Begriff wird aber auch synonym zum Begriff Urbar (Verzeichnis) gebraucht.

Es handelt sich dabei um gebundene Bücher. Deshalb mußten sie öfters aktualisiert werden, woraus dann die alternative Bezeichnung Erneuerung (Renovation) entstand. Im badischen Archivwesen heißen sie Beraine.

Gewöhnlich beginnen Lagerbücher mit einer Vorrede, in dem der Anlaß der Verzeichnung und die Namen des Schreibers und der beteiligten Amtspersonen und Zeugen genannt sind. In der Regel sind sie im Hauptteil alphabetisch nach den Orten gegliedert und führen jeden Hof und Besitztitel einzeln auf. Dort sind auch die jeweiligen Bauern bzw. Lehnsnehmer vermerkt, deren Namen nach deren Tod gestrichen und durch den des Nachfolgers ergänzt wurde. Außerdem enthalten sie öfters auch allgemeine Angaben zu den Rechtsverhältnissen und Auszüge aus älteren Urkunden.

Ein Lagerbuch wurde, nachdem es neu erstellt war, den betroffenen Bauern vorgelesen und von diesen durch Eid bestätigt. Es war damit ein zentrales Dokument zur Klärung der Rechtsverhältnisse zwischen Herr und Untertanenschaft und Grundlage einer geordneten Verwaltung.

Heute sind die Lagerbücher eine der wichtigsten Quellengattungen für die geschichtliche Landeskunde und andere Teildisziplinen der Geschichts-, Kulturwissenschaft und der Genealogie.

Das Lagerbuch der Stadt Heidelberg

Beim Wiederaufbau der Stadt nach den Zerstörungen des Kriegs 1689/93 ging es auch darum, die Häuser und Grundstücke neu zu vermessen und die Ergebnisse in besonderen Büchern zusammenzutragen. Man brauchte diese Daten als Grundlage zur Berechnung der Steuern und Abgaben wie zur Abgrenzung des Eigentums der Einzelnen.

In den 1770er Jahren wurden die Feldgüter der Gemarkung Heidelberg vermessen. Die Vermessung fand durch das Feldgericht unter Beiziehung der Wingert- und Feldgeschworenen nach dem neuen Nürnberger Maß statt. Mit der Aufnahme erfolgte eine genaue Angabe durch Einfügung des Gewanns. Dadurch sind viele ehemals gebräuchliche Namen der Feldstücke erhalten. 1773/74 vermaßen Johann Philipp Haas (Sohn des Haarlaßwirts) und Carl Riedinger (Dossenheim) die Häuser und Grundstücke der Stadt. Die Grundstücke erhielten Nummern. Man erstellte das Heidelberger Lagerbuch in 5 Bänden. Das Lagerbuch ist also ein Verzeichnis aller Grundstücke der Gemarkung. Die Kontraktenbücher wurden parallel dazu weitergeführt.

Die Angaben des Lagerbuchs beziehen sich auf ein Planwerk (Katasterplan) im Maßstab 1:800, das zum Teil erhalten ist.

Die Lagerbücher dienen auch zur Berechnung der städtischen Abgaben. Diese Umlagezettel werden als „Nahrungszettel“ bezeichnet.

Lagerbuch und Katasterplan befinden sich im Stadtarchiv Heidelberg.

Band 1 (in 2 Teilen)

Auf der ersten Seite des ersten Bandes ist zu lesen: „Vorbericht mit einem Repertorio Generale ordine Alphabetico über das in den Jahren 1773 und 1774 neu gefertigte in 5 Voluminibus bestehende Stad-Heydelberger Lagerbuch sämtlicher Häußer und Haußplätz, Gärten und Feldstücke“ Der Band enthält die in Heidelberg, dem Schloßberg und Schlierbach befindlichen Häuser, Hausplätze, Scheuern, Stallungen, Gärten und (in Schlierbach) Feldstücke mit Angrenzern und darauf haftenden Zinsen, Rechten und Gerechtigkeiten, Dienstbarkeiten und Beschwerden. Die Einträge erfolgten nach der Einteilung der Stadt in 4 Quartiere und dann nach den dort liegenden Straßen:

1. Quartier: südliche Vorstadt („A“)

2. Quartier: nördliche Vorstadt („B“)

3. Quartier: südliche Altstadt („C“)

4. Quartier: nördliche Altstadt („D“)

Grenzen sind Hauptstraße und Grabengasse.

Meistens sind zwei Grundstücke auf einer Seite des Lagerbuchs eingetragen, zunächst deren Größe (nach Rute, Schuh, Zoll, Linie), dann eine Beschreibung des Anwesens und der Name des Besitzers. Bei späteren Verkäufen folgte die Anfügung „modo“ (=jetziger Besitzer) und dessen Name.

Band 2 umfaßt „sämtliche in der Stadt Heidelberger Gemarkung, so auf denen Bergen, als auf der Ebene gelegenen Weingärten, Gärten, Kastanienwälder...“ („Wingertfeld“)

Band 3 umfaßt das in 52 Gewannen eingeteilte Oberfeld

Band 4 umfaßt das in 40 Gewannen eingeteilte Mittelfeld

Band 5 umfaßt das in 32 Gewannen eingeteilte Unterfeld (Band wird vermißt)

Band 6 enthält ein Register der Namen der Besitzer

Quelle: Herbert Derwein, Die Flurnamen von Heidelberg. Straßen/Plätze/Feld/Wald. Eine Stadtgeschichte. Heidelberg 1940, S. 13ff.

Die Feldgemarkung nach 1770. Planwerk zum Lagerbuch. (in: Derwein 1940, Plan III, s.a. S. 13) Ausschnitt